Expertin verrät: Darum haben es Frauen so schwer, in Führungspositionen vorzustoßen
Frauen machen 50 Prozent der Weltbevölkerung aus. Dennoch schaffen es nicht einmal 10 Prozent in Führungspositionen großer Konzerne. Woher kommt dieses Ungleichgewicht?
Alte Rollenbilder
Mit Jennifer Morgan als neuer SAP-Chefin hat es in Deutschland seit Oktober 2019 erstmalig eine Frau an die Spitze eines DAX-Konzerns geschafft. Eine überfällige Entwicklung.
Doch Frauen in Führungspositionen sind in Deutschland immer noch keine Selbstverständlichkeit. Gemäß dem Herbstbericht der Allbright Stiftung lag der Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten der 160 deutschen börsennotierten Unternehmen am 1. September 2019 bei nur 9,3%.
Warum haben es Frauen so schwer, durch die sogenannte gläserne Decke zu brechen, wie die Barriere, die sich Frauen auf dem Weg nach ganz oben in den Weg stellt, auch bildhaft genannt wird?
Hartnäckige Klischees
Zunächst werden Frauen wie Männern noch immer verschiedene Rollenbilder zugeschrieben. So wird das männliche in unserer Gesellschaft eher mit Handlungsfähigkeit, Dominanz, Willensstärke, Rationalität und Durchsetzungskraft in Verbindung gebracht.
Frauen hingegen werden in der Regel soziale Kompetenzen wie Empathie, Gemeinschaftssinn, Diplomatie, Uneigennützigkeit und Anteilnahme beigemessen.
Da die männlichen Attribute eher einer Führungsrolle zugeordnet werden, finden Männer stärker Berücksichtigung, wenn es um die Besetzung einer relevanten Position geht, auch wenn Frauen diese Kompetenzen ebenfalls mitbringen.
Die Zeiten ändern sich
Die gesellschaftliche Entwicklung einerseits sowie die starke Veränderung des Arbeitsmarktes andererseits bieten für Frauen jedoch Vorteile, denn zunehmend spielen die weiblich assoziierten Qualitäten eine wichtigere Rolle in der Führung.
Während früher oft direktiv und "von oben herab" geführt wurde, gilt es Mitarbeiter heutzutage mehr denn je zu fordern und zu fördern, sie an das Unternehmen zu binden und zu motivieren für den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung im Sinne einer kooperativen Zusammenarbeit.
Dabei spielen Empathie für den Mitarbeiter und seine Fähigkeiten, die Begabung zu begeistern sowie diplomatisches Geschick eine große Rolle.
Insbesondere junge und gut ausgebildete Mitarbeiter wünschen sich ein flexibles und selbständiges Arbeiten, in dem sie Verantwortung übernehmen und eigene Entscheidungen treffen können.
Sie suchen die Zusammenarbeit und den Austausch im Team und erwarten von ihrer Führungskraft, dass diese sie in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt.
Weibliche Chefs erwirtschaften mehr Geld
Neben diesen „weichen“ Punkten bestätigen auch verschiedene Studien wie beispielsweise die Untersuchung "The CS Gender 3000: the Reward for Change", 2016 vom Credit Suisse Research Institute veröffentlicht oder die Studie "Is Gender Diversity Profitable?" des Peterson Institute for International Economics einen positiven Zusammenhang zwischen dem finanziellen Unternehmenserfolg und dem Anteil von Frauen in Topführungspositionen.
Angesichts dieser und weiterer offensichtlicher Belege, welche anderen Gründe halten Frauen vom Top-Management fern? Tatsächlich ist es so, dass sich Frauen infolge ihrer Einstellung und aufgrund von Irrtümern selbst im Weg stehen.
Seilschaften und falsche Bescheidenheit
Viele Frauen sind bestens qualifiziert und leisten oft mehr als vergleichbare männliche Kollegen. Insbesondere auf dem Weg nach nach oben ist das für sie häufig unabdingbar, um in eine Führungsrolle zu gelangen und sich weiterzuentwickeln.
Sie möchten anderen und gerade sich selbst als größtem Kritiker beweisen, dass sie die gestellten Anforderungen meistern können. Jedoch unterschätzen sie sich selbst und ihre geleistete Arbeit. Eigene Erfolge werden marginalisiert.
Hinzu kommt die geschlechterspezifische Bescheidenheit, die Frauen tendenziell davor zurückschrecken lässt, zu sehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu treten und ihre Erfolge auch nach außen zu präsentieren.
Tipp 1: Ihre Persönlichkeit und Fachkompetenz sind vorhanden, sollten aber auch wahrgenommen werden. Getreu dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" trauen Sie sich also, sich selbst und Ihre Erfolge auch nach außen zu zeigen und für sich und Ihre Karriere einzustehen.
Frauen vernetzen sich zu wenig
Ein weiterer Trugschluss, dem Frauen oft unterliegen ist, dass die Leistung allein ausreichend ist, um die eigene Karriere zu entwickeln. Sie sind freundlich, hilfsbereit und angenehm, haben aber das Gefühl ihre eigene Glaubwürdigkeit zu konterkarieren, wenn es beim Netzwerken inhaltlich vor allem um die Förderung der eigenen Person und Karriere geht.
Ebenfalls nicht karriereförderlich ist die weibliche Bescheidenheit. Frauen sehen den Gewinn, den sie dem Netzwerk bringen können, als geringer an und sind daher defensiver.
Infolgedessen kümmern sie sich zu wenig um den Aufbau eines eigenen Karrierenetzwerks und den Austausch mit Frauen und Männern in vergleichbaren und höheren Positionen.
Männer hingegen unterstützen sich viel unbefangener und ohne Bedenken. Um sich ab einer bestimmten Position weiter in das Top-Management eines Unternehmens entwickeln zu können, sind Netzwerke unabdingbar.
Tipp 2: Insbesondere vor dem Hintergrund einer stark männlich dominierten Vorstands-Welt beginnen Sie frühzeitig und nutzen Ihre sozialen Kontakte für den strategischen Auf- und Ausbau Ihrer Karriere.
Trugschluss: Besser keinen Streit entfachen
Frauen tendieren dazu, ausgleichend aufzutreten, Harmonie zu suchen und bestimmte Konflikte schnell beilegen zu wollen. Daher lenken sie eher ein und geben schneller nach.
Für den Weg an die Spitze ist es aber wichtig, Selbstbewusstsein und Stärke zu zeigen und auch in schwierigen Situationen wie zum Beispiel in Verhandlungen, einen kühlen Kopf zu bewahren, um als kompetenter Sparringpartner von der Gegenseite wahrgenommen und anerkannt zu werden.
Tipp 3: Zeigen Sie sich selbstbewusst und vertreten Sie Ihre Position. Eine fundierte schriftliche Vorbereitung und der klare Wunsch, erfolgreich sein zu wollen, helfen Ihnen, sich positiv zu konzentrieren und Ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Fazit
Sie sind sich nicht sicher, wie Sie diese Punkte umsetzen und Ihre Karriere stärken können? Reflektieren Sie sich selbst und überlegen Sie, welche Fähigkeiten Sie noch benötigen.
Suchen Sie sich geeignete Unterstützung, zum Beispiel in Form von Mentoring, Coaching oder Training, um gezielt an sich zu arbeiten.
Die Basis für Ihren Erfolg ist Ihre positive Einstellung zu sich selbst und Ihrer Karriere, Ihr klares Bewusstsein über Ihren Wert und Ihre Stärken und daraus resultierend die Weiterentwicklung zu einer überzeugenden und belastbaren Persönlichkeit, die Herausforderungen mit Freude und Mut begegnet.