10 Kündigungsgründe, die kaum einer kennt
Wofür darf man in Deutschland gekündigt werden? Anwalt Markus Mingers über die wohl 10 skurrilsten Kündigungsgründe der vergangenen Jahre.
Wir alle gehen arbeiten, doch die wenigsten wissen, wofür sie wirklich gekündigt werden dürfen. Klar, die drei Klassiker - Beleidigung, Diebstahl und Arbeitsverweigerung - sind geläufig. Doch es gibt auch ungewöhnliche Gründe für eine Kündigung. Rechtsanwalt Markus Mingers, Inhaber der Kanzlei Mingers & Kreuzer in Köln, über die 10 skurrilsten Kündigungsgründe in Deutschland.
Handy bei der Arbeit aufgeladen: Kündigungsgrund?
Im Büro kurz das Handy aufladen – das macht jeder, warum auch nicht? In Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) führte das für einen Angestellten jedoch zur Kündigung. Die Begründung des Arbeitgebers: "Stromdiebstahl"!
Das Arbeitsgericht bewertete diesen Kündigungsgrund als nicht berechtigt, da der Streitwert nur bei etwa 0,014 Cent lag. Der Arbeitnehmer durfte weiter arbeiten - und dabei sein Handy ganz legal aufladen...
Arbeiten unter Drogen: einer gekündigt, anderer versetzt!
Im März 2017 stand ein Fließband im Münchner BMW-Werk für kurze Zeit still. Grund dafür waren zwei Arbeitnehmer, die stark alkoholisiert und von Drogen berauscht zur Arbeit kamen. Während der Arbeit kollabierten sie am Fließband. Der Schaden für BMW belief sich auf einen fünfstelligen Betrag.
Die Kündigung gab es allerdings nur für einen der beiden Mitarbeiter - der andere wurde "nur" versetzt.
Beim Alter verschätzt: Kündigungsgrund?
Das Alter von Frauen schätzen ist grundsätzlich ein Balanceakt auf dem Drahtseil. Einer Auszubildenden wurde das beruflich zum Verhängnis: Sie schätzte das Alter der Lebensgefährtin ihres Chefs höher, als es tatsächlich war - und kassierte dafür die Kündigung! Die Kündigungsgründe: Beleidigung und respektloses Verhalten (allerdings in Verbindung mit kleinen Fehlern bei der Arbeit).
Die beiden Parteien trennten sich mit Einigung auf einen Vergleich.
Feuerwerk auf dem Dixi-Klo: Fristlose Kündigung!
Vor dem Arbeitsgericht Krefeld verhandelten Richter einen Fall mit Knalleffekt: Ein Bauarbeiter brachte in einem Dixi-Klo einen Feuerwerkskörper zum Explodieren - während ein Kollege dort sein Geschäft verrichtete. Dieser zog sich schwere Verletzungen und Verbrennungen im Genitalbereich zu.
Für den Zünder endete der schlechte Scherz mit einer fristlosen Kündigung. Auch 15 Jahre Betriebszugehörigkeit und eine ausgebliebene Abmahnung konnten daran nichts mehr ändern.
Verbotenes Buch am Arbeitsplatz: Kündigung wirksam!
Weil ein Mitarbeiter des Bezirksamts während der Arbeitszeit die Originalausgabe von Hitlers Mein Kampf las, wurde ihm ohne Abmahnung gekündigt. Der entlassene Arbeitnehmer klagte aus diesem Grund gegen das Land Berlin.
Das Gerichtsurteil: Als Repräsentant des Landes müsse er in besonderer Weise für die freiheitlich-demokratische Grundordnung nach dem Grundgesetz einstehen. Das Hakenkreuz auf der Originalausgabe stellt ein verfassungswidriges Symbol dar, sodass der Mitarbeiter schwerwiegend gegen seine Verpflichtung verstoßen habe. Die Kündigung war somit berechtigt.
Glaube oft geäußert? Kündigung wirksam!
Beim Landesarbeitsgericht Hamm stand Arbeitsrecht gegen Glauben. Ein Callcenter-Mitarbeiter verabschiedete Anrufer stets mit einem "Vielen Dank für Ihren Einkauf, Jesus hat Sie lieb". Nach zahlreichen Aufforderungen, diese Floskel zu unterlassen, folgte die fristlose Kündigung für den Telefon-Missionar.
Die Kündigungsschutzklage auf Glaubensfreiheit blieb erfolglos. Es konnte nicht belegt werden, dass eine Unterlassung des Abschiedsgrußes zu einem Gewissenskonflikt geführt hätte.
Weiterleitung beruflicher Mails an den Privat-Account: Kündigung wirksam!
In Frankfurt wurde einem leitenden Angestellten gekündigt, weil er Geschäftsmails mit betrieblichen Informationen und personenbezogenen Daten von Kunden an seinen Privat-Account weiterleitete, um zu Hause damit weiter zu arbeiten.
Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, sah die Kündigung als berechtigt an. Gemäß Urteil besteht in der Weiterleitung von E-Mails mit betrieblichen Informationen eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Die fristlose Kündigung sei legitim gewesen, da das geschäftliche Interesse des Arbeitgebers unmittelbar gefährdet gewesen sei.
Deutschlandlied singen? Abmahnung reicht!
Während Geschäftspartner aus den USA anwesend waren, trällerte ein Angestellter aus Köln lautstark die erste Strophe des Deutschlandliedes. Nach der musikalischen Darbietung gab es statt Applaus nur eine fristlose Kündigung.
Laut dem Landesarbeitsgericht Köln hätte zwecks Interessenabwägung auch eine Abmahnung gereicht. Die Kündigung wurde als unwirksam beurteilt.
Im Schneckentempo arbeiten? Kündigung wirksam!
Eine angestellte Architektin bei einer Kreisverwaltung in Hessen wurde nach mehrmaliger Ermahnung gekündigt, weil sie zu lange für ihr Gutachten brauchte. Kalkuliert waren 40 Tage. Als sie nach 96 Tagen immer noch nicht fertig war, folgte die Kündigung, der das Gericht stattgab.
Mangelnde Hygiene? Kündigung wirksam!
Eine Kündigung gab es auch für einen Architekten in der Probezeit bei der Stadt Köln. Ihm wurde aufgrund mangelnder Körperhygiene gekündigt. Natürlich sah sich der Architekt in seiner Intimsphäre verletzt, konnte aber auch nicht auf seine Menschenwürde pochen – die Kündigung wurde wirksam.