Diese Waffenhändler bringen ausnahmsweise nicht den Tod
Kann man mit dem Handel von Waffen Millionen oder gar Milliarden verdienen, ohne über Leichen zu gehen und reihenweise Gesetze zu brechen? Man kann, wenn man virtuelle Waffen handelt. Wir stellen einen Multimilliarden-Dollar-Markt vor, der gerade erst von der Börse entdeckt wurde …

Artur Minacov sieht aus wie ein harmloser Nerd. Doch in Wahrheit ist er einer der erfolgreichsten Waffenhändler der Gegenwart. Täglich verkauft und liefert Minacov Tausende Waffen an Privatpersonen rund um den Globus – und das völlig legal. Denn die Waffen, die er anbietet, können keine Menschen töten.
Die auf Minacovs Website gelisteten AK-47, M4 und Glock 18 existieren nicht wirklich – sie sind digital. Und abfeuern kann man sie ausschließlich in dem Videospiel Counter-Strike GO – ein Online-Spiel, in dem zu jeder Tageszeit bis zu 850.000 Spieler in Teams mit digitalen Waffen in virtuellen Welten gegeneinander antreten.
Gehandelt werden diese Online-Waffen dennoch in der realen Welt – gegen reale Dollars. Wie kann das sein? Um das zu verstehen, muss man zunächst wissen, dass Counter-Strike eines der wenigen Games ist, bei dem Spieler digitale Gegenstände untereinander tauschen – und auch handeln.
So lässt sich mit Counter-Strike Go Geld verdienen
Doch erst seitdem das Entwickler-Studio Valve im August 2013 sogenannte Skins eingeführt hat, mit denen Spieler das Aussehen ihrer Waffen verändern können, ist rund um das Spiel ein hitziger Markt entstanden. Der Grund: Alle Skins sind Teil eines zufälligen Belohnungssystems für den Abschluss von Aktivitäten – und einige sind sehr selten im Spiel.
"Bei manchen Skins ist das Angebot knapp", erklärt Minacov. "Wenn du Glück hast, kannst du damit also eine Menge Kohle machen." Gehandelt werden die Waffen in der Regel über spezielle Download-Codes – und ein von Valve eingeführtes TAN-System. Und tatsächlich: Innerhalb weniger Monate nach der Einführung der Skins steigen die Preise einiger Waffen in astronomische Höhen.
Und Minacov? Der gilt heute als Türöffner, der einen Markt aus der Ecke der Computer-Szene holte, von dem die meisten professionellen Trader an den Börsen nicht wussten, dass er überhaupt existiert.
Denn gemessen am Gesamtvolumen des Marktes ist Minacov nur ein kleines Licht: Auf bis zu 46 Milliarden Dollar pro Jahr (42 Milliarden Euro) schätzen Experten den Umsatz mit sogenannten E-Items wie digitalen Waffen – Tendenz stark steigend. Eine Aussicht, die nun auch echte Schwergewichte aus der Deckung lockt.
Im Video: So bekommst du gute Skins
Skins bei CS Go: Geburt eines Milliardenmarktes
Einer der ersten Global Player der Finanzbranche, der sich unter anderem für die Waffen von Counter-Strike-Spielern interessiert, ist die NAGA Group. Das in Hamburg ansässige Unternehmen ist auf die Entwicklung von Finanz-Technologien spezialisiert.
Ihr neuestes Projekt, heißt Switex, entsteht in Zusammenarbeit mit der Deutschen Börse und soll den Handel mit digitalen Gegenständen nach professionellen Standards bündeln und sicher machen. "Was wir tun wollen, ist ganz einfach", erklärt NAGA-Geschäftsführer Yasin Qureshi.
"Wir bieten Computerspielern die Möglichkeit, virtuelle Wertgegenstände zu Geld zu machen." Eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Während sich für Finanzdienstleister wie die NAGA Group wie aus dem Nichts ein milliardenschwerer Wachstumsmarkt eröffnet hat, der sich Analysen zufolge jedes Jahr um einen zweistelligen Prozentsatz vergrößern könnte, hoffen Gamer auf eine seriöse Handelsplattform.
Denn der Goldrausch rund um die Vermarktung von E-Items hat nicht nur die Trading-Profis der Börsen auf den Plan gerufen – sondern auch Ganoven.
Es ist eine verlässliche Regel: Wo sich Milliarden verdienen lassen, sind auch Betrüger und Diebe nicht weit. Seitdem das Geschäft mit den Waffenskins boomt, steigt auch die Zahl der Diebstähle. Rund eine Million Accounts von Counter-Strike-Spielern werden im Jahr von Hackern übernommen oder ausgeraubt.
Hinzu kommen Skin-Lotterien, die anstatt Geld Waffenskins als Einsatz annehmen – und so die Glücksspielgesetze in den USA aushebeln. Was sich lächerlich anhört, brachte 2015 aus dem Stand einen Umsatz von 2,3 Milliarden Dollar – und ist doch nur die Spitze des Eisberges.
Der Grund: "Auf sieben bis acht Milliarden Dollar jährlich" beläuft sich das Volumen des Schwarzmarktes, der sich rund um die E-Items entwickelt hat, schätzt Nikolay Kolev von der Beratungsfirma Deloitte Digital Ventures. Eine Entwicklung, die zeigt: So seltsam der Handel mit digitalen Waffen auf den ersten Blick auch wirkt – im Grunde ist es nur ein lukratives Geschäft.
Im Video: Es gibt auch witzige Skins