Die Chemnitz-Akte: Wie viele rechte Terrorzellen gibt es in Deutschland?
Eine Heckler & Koch oder eine Walther? Welche Waffe eignet sich besser für einen Anschlag? Und wann soll dieser stattfinden? Am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit?
Über Wochen diskutieren sieben Terroristen in Online-Chats, wie sie Deutschland umstürzen wollen. Was sie nicht wissen: Die Bundesanwaltschaft liest mit, hat ihre Computer und Handys angezapft. Am 1. Oktober erfolgt schließlich der Zugriff. Die Mitglieder der Terrorzelle werden von Spezialkräften festgenommen.
Die Neonazi-Gruppierung "Revolution Chemnitz"
Bei den Verdächtigen handelt es sich jedoch nicht um gewaltbereite Islamisten oder um eingereiste Dschihadisten, sondern um Neonazis aus Sachsen. Der Name der Zelle: "Revolution Chemnitz".
Als Geburtsstunde des Netzwerks gilt die Demonstration am 1. September 2018 in Chemnitz, bei der die Mitglieder der Gruppe mit Hunderten anderen Neonazis, Hooligans und Rechtsextremisten Ausländer durch die Stadt jagen. Und selbst wenn der inzwischen versetzte Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen die Hetzjagden bezweifelt und die Gefahr durch rechte Gewalt verharmlost – Fakt ist: Nach dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und der "Gruppe Freital" ist die "Revolution Chemnitz" bereits die dritte rechte Terrorzelle in Sachsen, die rechte Mordanschläge verübt oder geplant hat.
Die Opfer rechten Terrors
Was zudem in kaum einer Berichterstattung oder Chronik erwähnt wird: Gleichzeitig hat es auch in etlichen anderen Bundesländern dieses Jahr rechte Attentate gegeben. So wurden allein in der ersten Jahreshälfte 627 Angriffe auf Flüchtlinge und 77 Attacken auf Unterkünfte gezählt. Dabei wurden 120 Menschen verletzt. Insgesamt sind seit 1990 in Deutschland nach Recherchen des ZEIT-Magazins mindestens 169 Menschen von Rechtsterroristen getötet worden.
Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum sind in Deutschland 15 Menschen durch Anschläge von Islamisten ums Leben gekommen.