Die Moorbrand-Akte: Wie einsatzfähig ist die Bundeswehr?
Es ist eine Routineübung der Bundeswehr auf dem größten Schießplatz in Westeuropa – und doch läuft an diesem Tag, dem 3. September 2018, alles anders …
Bundeswehr-Übung gerät außer Kontrolle
Das Thermometer zeigt über 25 Grad Celsius an, als das Knattern eines Tiger-Kampfhubschraubers die idyllische Ruhe im Emsland durchbricht. Kurz darauf zischen zehn 70-mm-Raketen, ausgerüstet mit einem HE (High Explosive)-Gefechtskopf, durch die Luft und schlagen im ausgetrockneten Moorboden ein.
Gleich an mehreren Stellen entwickeln sich nach dem Raketenbeschuss Brandherde, die auch nach Stunden nicht unter Kontrolle zu bringen sind. Genau davor hatte die örtliche Feuerwehr infolge der wochenlangen Dürre im Vorfeld gewarnt. Zudem ist aufgrund der vielen Blindgänger die Explosionsgefahr extrem hoch.
Was kaum einer weiß: Dennoch meldet sich am Nachmittag die Bundeswehr bei eben jener Freiwilligen Feuerwehr – und erklärt, dass man den Brand allein bewältigen könne und die Feuerwehr zu Hause bleiben solle. Eine fahrlässige Fehleinschätzung, zumal die Bundeswehr zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, dass eine ihrer beiden Löschraupen ausgefallen ist.
Am nächsten Morgen beschließt das Kommando vor Ort, einen CH-53-Löschhubschrauber anzufordern. Der Antrag wird jedoch zunächst von der Zentrale abgelehnt. Stunden später fällt auch die zweite Löschraupe aus. Am Abend landet dann doch ein CH-53 am Stützpunkt, muss jedoch nach wenigen Löschflügen seine Arbeit wieder einstellen: Der Löschbehälter hat einen technischen Defekt.
Der miserable Zustand der Bundeswehr
Es ist "nur" ein Moorbrand, aber in diesen Tagen werden die Schwachstellen bei der Bundeswehr gnadenlos aufgedeckt. Die Inkompetenz, die Selbstüberschätzung, aber vor allem der katastrophale Zustand des Geräts lassen Wehrexperten an der grundsätzlichen Einsatzfähigkeit zweifeln.
Tatsächlich sind die Ausfälle der Bundeswehr-Fahrzeuge keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Und das gilt für fast alle Bereiche. So sind gerade einmal die Hälfte aller Tiger-Kampfhubschrauber und der Eurofighter voll einsatzfähig. Von den Tornado-Abfangjägern sogar nur gut ein Drittel. Erst zehn Tage später ruft die Bundeswehr die örtlichen Feuerwehren zu Hilfe. Zehn Tage, in denen sich das Feuer auf einer Fläche von 1000 Fußballfeldern zu einem der größten Moorbrände in der Geschichte Deutschlands entwickelt hat.
Staatsanwaltschaft ermittelt
"Wenn wir sofort mit großer Einsatzstärke im Gelände gewesen wären, hätten wir das Feuer vermutlich schnell löschen können", sagt ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr des Emslandes. Erst am 10. Oktober verkündet die Bundeswehr, dass das Feuer vollständig gelöscht ist – mithilfe von 2000 Brandbekämpfern.
Der Kommentar des Bundeswehr-Sprechers zum Moorbrand: "Gerade bei einer extremen Trockenheit wie in diesem Sommer kann so etwas schon mal passieren." Das sehen jedoch nicht alle so. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen die Verantwortlichen bei der Bundeswehr wegen Brandstiftung.