Freemen's World

Mythen-Check: Kein Bier vor Vier - stimmt das wirklich?

Kein Bier vor vier? ... nicht mit uns! Deshalb heißt es jetzt: Bier deiner Wahl kalt stellen, das geballte Hopfen-Wissen aufsaugen und im Anschluss bei einer kleinen Verköstigung das Gelernte praktisch anwenden. Zum Wohl!

Friedrich Matthies
Friedrich Matthies Foto: Lisa Notzke
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Da braut sich was zusammen. An sein allererstes eigenes Bier kann sich Braumeister Friedrich Matthies, genannt Fiete, noch ganz genau erinnern: 17 Jahre alt war er, als er nach einem Schulpraktikum in einer Brauerei dachte: "Das kann ich auch!“

Und so begann seine Geschichte. "Das Malz habe ich damals einfach in meiner Kaffeemühle zerkleinert, da es alles war, was ich bei mir zu Hause hatte. Letztendlich war das Bier extrem bitter, da ich viel zu viel Hopfen drin hatte“, lacht er.

Heute sieht das natürlich ganz anders aus! Der frühen Begeisterung fürs flüssige Gold zum Trotz: Bis zur Gründung seiner eigenen Brauerei sollte es noch einige Jahre dauern, denn zuerst wollte Fiete zusammen mit zwei seiner Brüder eigentlich eine Gurkenbrause entwickeln.

Über Umwege und durch seine jahrelange Erfahrung im Bierbrauen wurde es dann vor zehn Jahren letztendlich doch eine Brauerei: "Besonders wichtig war es uns dabei, möglichst ressourcenschonend, regional und nachhaltig zu agieren“, erklärt er die Firmen-Philosophie.

"Außerdem gab es zu diesem Zeitpunkt in Hamburg noch kein einziges Bio-Bier. Das wollten wir ändern und haben wir dann auch gemacht!“ Mittlerweile hat sich "Wildwuchs Brauwerk" über die Tore der Hansestadt hinaus einen Namen gemacht.

Und was genau erwartet uns, wenn wir den Schankraum betreten? "Wir werben zwar nicht mit dem Ausdruck Craft Beer für unsere Brauerei. Aber Tatsache ist, dass es sich bei uns um handwerklich gebrautes Bier handelt. Das macht den Unterschied zu industriell hergestelltem Bier – und das schmeckt man natürlich“, ist sich der Braumeister sicher. Na dann, Prost!

Friedrich Matthies
Foto: Lisa Notzke

Bier muss möglichst kalt sein

 ... oder nicht? Falsch, denn erst bei einigen Grad über null (6-7 °C) entfalten sich alle Aromen des Biers. Und je höher der Alkoholgehalt ist, desto höher darf auch die Trinktemperatur sein. Das Bier also am besten im oberen (wärmeren) Bereich des Kühlschranks lagern und gegebenenfalls schon einige Minuten vorm Anstoßen herausholen.

Dann heißt es: Probieren, probieren, probieren – schließlich ist auch hinsichtlich der Temperatur kein Bier wie das andere!

Das perfekte Bier – gibt es das überhaupt? "Nein", sagt Braumeister Matthies vom Wildwuchs Brauwerk. "Meiner Meinung nach gibt es das perfekte Bier immer nur in Kombination mit der perfekten Situation oder Speise. Meint: Ein achtprozentiges Doppelbock schmeckt nicht bei 40 Grad im Schatten und ein eiskaltes Lager kann sein volles Potenzial nicht bei Schnee und Eis zeigen."

Bier in Zahlen

Biersorten
Die beliebtesten Biersorten in Deutschland Foto: iStock / Miguel Tamayo Diaz

Wieso denn jetzt Zahlen? Einzig der Geschmack zählt“, mag manch einer sagen. Probieren geht über Studieren, das trifft aufs Bier doch erst recht zu – oder nicht? Klar, aber wenn du die Zahlen auf dem Etikett verstehst, weißt du schon vor dem ersten Schluck, was dich erwartet.

Das sind die Basics:

5 % VOL.

Der Alkoholgehalt eines Biers wird in Volumenprozent angegeben und liegt meist zwischen 5 und 10 % vol. Ein Liter Bier mit 5 % vol. enthält also 50 ml reinen Alkohol.

22 IBU

Der IBU-Wert (International Bitterness Unit) gibt einen ersten Eindruck darüber, wie bitter ein Bier schmeckt. Gemessen wird dabei nur die Alphasäure aus dem enthaltenen Hopfen, dadurch kann ein Bier mit niedrigem IBU-Wert (etwa 15) sogar bitterer schmecken als ein Bier mit hohem IBU-Wert (etwa 70). Schließlich haben auch Kohlendioxidgehalt, Temperatur und weitere Gewürze einen nicht messbaren – Einfluss auf die Bitterkeit. 22 IBU würden einem mittelmäßig bitteren Bier, etwa einem Budweiser Budvar Original, entsprechen.

11 °P / CAT. 1

Eine Messeinheit, die vor allem auf niederländischen Bieren zu finden ist: Grad Plato (°P) beschreibt den Stammwürzegehalt, der in den Niederlanden zur Berechnung der Steuer herangezogen wird. Davon ausgehend wird Bier in verschiedene Kategorien (cat.) eingeteilt. Pils ist etwa der Kategorie 1 zugehörig und hat einen Stammwürzegehalt von 11 bis 15,5 °P. Warum der Wert auch für den Konsumenten interessant sein kann? Je mehr Stammwürze ein Bier enthält, desto höher wird auch der Alkoholgehalt sein.

30 EBC

Der EBC-Wert (European Brewery Con-vention) gibt zwar keine Auskunft über den Geschmack, dafür aber über die Farbe des Biers. Ein EBC entspricht dabei 1 ml Jod ge-löst in 100 ml Wasser. Die Skala beginnt bei etwa 6 EBC für hellblondes Bier und reicht bis über 120 EBC für Schwarzbier. 30 EBC liegen im guten Farbmittelfeld, wie etwa bei einem bernsteinfarbenen De Koninck APA.

Das sind die beliebtesten deutschen Biersorten

Deshalb gibt es hier eine Übersicht der beliebtesten deutschen Sorten. Jetzt heißt es: Lesen und das neu errungene Wissen anschließend bei einer Blindverkostung auf die Probe stellen.Cheers!

1. Pilsner

Der populärste Bierstil Deutschlands ist das untergärige Pils

Geschmack: hopfig, dadurch fruchtig-bitter

Farbe: klar goldgelb

Herkunft: Pilsen in Tschechien Alkoholgehalt: 4-5%

Funfact: Weil das lokale Bier sauer und ungenießbar war, wurde 1838 der Bayrische Braumeister Josef Groll nach Pilsen berufen, um ein neues Bier zu erfinden.

2. Helles

Bayerns Antwort auf das herbe norddeutsche Pilsner: das untergärige Lagerbier

Geschmack: malzig, weniger bitter als Pilsner

Farbe: goldgelb bis strohgelb

Herkunft: Bayern Alkoholgehalt: 4-5 %

Funfact: Achtung, Verwechslungsgefahr! Das in Süddeutschland beliebte Helle wird in Österreich auch „Märzen“ genannt, sollte aber keineswegs mit dem deutschen Märzen verwechselt werden.

3. Weizen

Obergäriges Bier mit prächtiger Schaumkrone aus mindestens 50 % Weizenmalz

Geschmack: fruchtig-süß mit Bananennote Farbe: hellgelb bis strohgelb, trüb

Herkunft: Bayern Alkoholgehalt: 4-5 %

Funfact: Genau genommen entspricht das Weißbier nicht dem Reinheitsgebot von 1516, das explizit Gerste vorschreibt. Frei nach dem Motto: „Weizen fürs Brot, Gerste fürs Bier, Hafer für die Pferde“.

4. Kölsch

Ähnlich dem Düsseldorfer Altbier wird das Kölsch mit obergäriger Hefe gebraut

Geschmack: malzig, mild-hopfig

Farbe: leuchtend hellgelb Herkunft: Nur Brauereien aus Köln dürfen ihr Bier „Kölsch“ nennen

Alkoholgehalt: 4-5 % Funfact: Durch die lange Lagerung in kühlen Kellern schmeckt das obergärige Kölsch fast schon wie ein untergäriges Lagerbier.

5. Schwarzbier

Die ostdeutsche Spezialität verdankt ihre Farbe dem speziellen Malz, oft Röstmalz

Geschmack: malzig-süß, leichte Kaffee- und Schokoladenaromen Farbe: dunkel

Herkunft: Thüringen und Sachsen Alkoholgehalt: 4-5 % Funfact: Die dunklen Verwandten Porter und Stout werden klassisch obergärig gebraut, für Schwarzbier wird heute meist untergärige Hefe verwendet.

6. Kellerbier/Zwickel

Das fränkische Zwickel wird noch vor der Lagerung serviert, also quasi direkt im Keller

Geschmack: sehr süffig, würzig, wenig Kohlensäure

Farbe: bernsteinfarben, naturtrüb Herkunft: Franken

Alkoholgehalt: 4-6 %

Funfact: Seinen Namen verdankt das Bier dem „Zwickelhahn“, mit dem Braumeister früher dem Bierfass die erste Probe entnahmen.

7. Berliner Weiße

Obergäriges Bier auf Weizenbasis, das mit Hefe und Milchsäurebakterien vergoren wird.

Geschmack: säuerlich-erfrischend, leicht

Farbe: hell

Herkunft: Nur in Berlin gebraute Biere dürfen diesen Namen tragen

Alkoholgehalt: 3-5 %

Funfact: Napoleon soll die Berliner Weiße angeblich als „Champagner des Nordens“ bezeichnet haben.

8. Bockbier

Durch den hohen Stammwürze-Gehalt von 16 bis 18 % ist das Bockbier besonders stark

Geschmack: vollmundig-aromatisch, malzig Farbe: orange bis dunkelrot

Herkunft: Einbeck in Niedersachsen

Alkoholgehalt: 6-10 %

Funfact: Die Bockbier-Saison dauert von Herbst bis Frühling, dabei werden verschiedene Phasen durchlaufen: Dunkelbock, Festbock, Doppelbock, Maibock.

Pub-Quiz-Wissen to go: Obergärige Biere werden mit obergäriger Hefe gebraut, diese steigt beim Gären an die Oberfläche auf. Die Brautemperatur ist dabei etwas wärmer (bis zu 25 Grad). Typisch: Altbier, Kölsch oder Weizenbier. Untergärige Bier werden mit untergäriger Hefe gebraut. Diese sinkt beim Brauen nach unten ab.

Da die Brautemperatur mit 5 bis 15 Grad niedriger ist, werden diese Bierstile erst seit Erfindung der Kältemaschine 1876 ganzjährig gebraut. Typisch: Pils oder Helles. Übrigens: Im Englischen wird zwischen Ale für obergärige und Lager für untergärige Biere unterschieden. Ein deutsches und ein englisches Lager müssen nicht zwingend dasselbe sein

Text: Katharina Schönherr