Knigge-Regeln: DAS steht wirklich in der Manieren-Bibel
Was steht eigentlich wirklich im Knigge? Wir haben uns mit einem Nachfahren Knigges unterhalten und verraten Überraschendes.
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Knigge-Regeln nach Adolph Freiherr Knigge
Adolph Freiherr von Knigge (1752 - 1796) beginnt seine Manieren-Bibel 'Über den Umgang mit Menschen' mit dem Satz: "Wir sehen die klügsten, verständigsten Menschen im gemeinen Leben Schritte tun, wozu wir den Kopf schütteln müssen."
Für ihn war gutes Benehmen der Schlüssel zu einem glücklichen Leben.
Das bestätigt auch Moritz Freiherr Knigge, Nachfahre des berühmten Knigge, im Männersache-Interview. Der Autor und Keynotespeaker betont: "Seine wichtigste Lehre ist für mich, dass wir uns und anderen das Zusammenleben so leicht wie möglich machen sollten. Und dass bei diesem Vorhaben der Blick auf die eigenen Unhöflichkeiten zielführender ist als den erhobenen Zeigefinger auf andere zu richten. Das galt im 18. Jahrhundert, gilt heute und auch in Zukunft. Diese positive Zeitlosigkeit seiner Ideen wirkt ansteckend."
Entgegen der allgemeinen Meinung, Adolph Freiherr von Knigge habe 1788 ein starres Regelwerk zu Themen wie Tischmanieren, Niesen und dem richtigen Händedruck verfasst, ist sein Buch viel umfangreicher als heute zumeist erwähnt.
Männersache hat in 'Über den Umgang mit Menschen' geschmökert und verrät, was wirklich in der Manieren-Bibel steht.
Knigge-Benimmregeln: Interview mit Moritz Freiherr Knigge
Streng genommen ist 'Über den Umgang mit Menschen' keine Manieren-Bibel. Vielmehr verfasste Knigge mit seinem Buch, das 1788 – im gleichen Jahr wie Kants 'Kritik der praktischen Vernunft' – erschien, ein Werk, das zur Orientierung im Alltag diente. Dabei ging es überbegrifflich um "guten Umgang", den Knigge akribisch unterteilte.
In seinem Buch sind Gedanken zum Umgang unter Eltern und Kindern, unter Eheleuten, unter Verliebten, mit Frauenzimmern, unter Freunden, zwischen Herr und Diener und vieles, vieles mehr zu finden.
"'Über den Umgang mit Menschen' würde ich als Kommunikationsleitfaden bezeichnen. Das Buch heisst bewusst nicht 'Über den Umgang mit Messer und Gabel'", erklärt Moritz Freiherr Knigge dazu. "Adolph Freiherr Knigge ging es weniger um ein Regelwerk, sondern um Antworten auf die Frage, was jeder von uns dazu beitragen um eine Begegnung gelingen zu lassen. Auf unterschiedliche Menschen und Situationen soll man sich einstellen können und doch man selbst bleiben Das Zwischenmenschliche ist für ihn etwas Dynamisches, dass sich nicht in ein Regelkorsett sperren lässt, sondern viel Aufmerksamkeit für Menschen und Situationen erfordert."
Das Kapitel zu den Verliebten beginnt zum Beispiel mit dem scharfsinnigen Satz: "Mit Verliebten ist vernünftigerweise gar nicht umzugehn; sie sind so wenig als andre Betrunkene zur Geselligkeit geschickt; außer ihrem Abgotte ist die ganze Welt tot für sie." Kennt man ja…
Zum Umgang mit den Frauen hat Knigge mehrere Tipps parat. Zunächst aber stellt er, beinahe schon feministisch, fest: "Den Mann, der verächtlich vom ganzen weiblichen Geschlechte denkt und redet, mag ich nicht zum Freunde haben."
Klar, dass Knigge seinen männlichen Lesern ans Herz legt, sich gut zu kleiden – darauf würden Frauen achten, betont er: "Noch muß ich erinnern, daß die Frauenzimmer an den Männern Reinlichkeit und eine wohl gewählte, doch nicht phantastische Kleidung lieben."
Ein sich zu benehmen wissender Mann muss demnach also zielsicher wissen, wann er beispielsweise eine Fliege und wann eine Krawatte zum Anzug wählt und wie das Einstecktuch richtig sitzt.
Fernab aller Benimmregeln trägt Knigges Werk auch philosophische Gedanken in sich.
Im ersten Teil geht es beispielsweise um den "Umgang mit sich selbst", sowie "den Umgang mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und Herzens".
Den Umgang mit sich selbst sieht Adolph Freiherr von Knigge als eine der wichtigsten Pflichten. Er ist der Meinung, dass jeder Mensch Zeit mit sich alleine verbringen müsse, um sich selbst nah zu kommen und zu bleiben.
"Wer täglich herumrennt, wird fremd in seinem eigenen Hause; wer immer in Zerstreuung lebt, wird fremd in seinem eignen Herzen", schreibt er dazu.
In seinem "Umgang mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und Herzens" beschreibt Knigge knapp 30 verschiedene Charaktere, darunter den melancholischen, herrschsüchtigen, cholerischen, eitlen und ehrgeizigen.
Zu jedem Einzeltyp gibt er Ratschläge, wie man mit ihnen zurecht kommt. Dabei ist er oftmals sehr pragmatisch und betont, dem eitlen Charakter müsse geschmeichelt werden und dem herrschsüchtigen stets die Hauptrolle zufallen.
Im Umgang mit einem zanksüchtigen Menschen riet Knigge zu "unüberwindlichster Kaltblütigkeit" und Gelassenheit.
Skurrile Knigge-Regeln
Es gibt zahlreiche Knigge-Regeln, die bis heute Bestand haben und die Mann eindeutig kennen muss. Von Benimmregeln über Tischmanieren hat das meiste auch Sinn.
Einige Regeln allerdings sind eher skurril als nützlich. Hier unsere Top Drei:
1) Große Salatblätter dürfen nicht geschnitten, sondern in mundgerechte Happen gefaltet werden
2) Brot darf man nur mit der linken Hand essen – weil es ausschließlich mit der rechten Hand belegt werden darf
3) Mit anti-alkoholischen Getränken darf man nicht anstoßen. Tut man es doch, darf man dabei nicht "Prost" sagen, sondern lediglich "Zum Wohl"
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