Tor zur Hölle

Chavín de Huántar: Blutige Kultstätte in Peru

Kaiser, Pharaonen, Priester - seit Menschengedenken widmen sich Kulturen auf der ganzen Welt der Suche nach einer Pforte zum sagenhaften Reich der Toten, ob tief unter Wasser oder in unterirdischen Tunneln. Ganze Religionen gründen sich auf diese Idee. Erst jetzt kommen Archäologen ihren Geheimnissen auf die Spur.

Kultstätte Chavín de Huántar in Peru
Kultstätte Chavín de Huántar in Peru Foto: iStock / DC_Colombia
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Ein unheilvolles Heulen dringt aus der Tiefe an die Oberfläche. Ehrfürchtig starrt die versammelte Menschenmenge auf den majestätischen Tempel und lauscht den bedrohlichen Lauten, die auf unheimliche Weise an das Brüllen eines Jaguars erinnern. Rauch strömt aus dem Untergrund - das Orakel hat gesprochen.

Chavín de Huántar: Blutige Kultstätte in Peru

Bis heute gibt die um 850 vor Christus erbaute Kultstätte Chavín de Huántar den Archäologen Rätsel auf. Die Tempelanlage in den peruanischen Anden war "eines der berühmtesten Heiligtümer der einheimischen Indios, wie bei uns Rom oder Jerusalem", berichtet ein spanischer Ordensbruder im Jahr 1616.

Im Inneren einer dreistöckigen Pyramide mit quadratischem Grundriss befindet sich ein kilometerlanges Labyrinth aus Kammern und Treppen, die durch unterirdische Gänge miteinander verbunden sind. Wer nutzte das weit verzweigte Tunnelsystem unter der Erde? Fanden hier kultische Rituale statt? Viele Gänge und Treppen enden im Nichts, andere reichen tief hinab in die Unterwelt.

Archäologen nehmen an, dass die Priester von Chavín dort geheime Zeremonien abhielten und das Volk mit akustischen Effekten manipulierten. Begleitet vom Klang der Muscheltrompeten, tasteten sich die Gläubigen samt Opfergaben durch die dunklen Gänge, bis sie zum Orakel vorstießen: ein fast fünf Meter hoher Monolith, der einen Gott mit Raubtiergesicht und Schlangen zwischen den Zähnen zeigt.

"Chavín de Huántar war ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste rituelle Zentrum. Die Menschen müssen von weither gekommen sein, um das Orakel zu befragen", bestätigt Archäologe Iván Falconí. Mit modernsten Untersuchungsmethoden wie Geoelektrik und Georadar will er den Geheimnissen der Kultstätte auf die Spur kommen.