The Summer of Helter Skelter

Grauenhaft: So veränderten die Charles-Manson-Morde die Welt

Er gilt als die Personifizierung des Bösen: Charles Manson löscht vor 50 Jahren nicht nur neun Leben aus – er zerstörte eine ganze Bewegung. Im Sommer 1969 vernichtet er den Hippie-Traum von Liebe und Frieden – und ruft zum Rassenkrieg auf, zum Helter Skelter …

Roman Polanski und Sharon Tate (†)
Roman Polanski und Sharon Tate (†) Foto: Getty Images/Evening Standard
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Charles-Manson-Morde 1969

Love and Peace: Davon träumt die Hippiebewegung der 1960er-Jahre. Diese Vision stirbt vor genau 50 Jahren mit 169 Messerstichen. In Los Angeles werden im August 1969 sieben Menschen auf bestialische Art ermordet. Die Täter sind Mitglieder einer bekannten Hippie-Kommune: der Manson Family. Nach außen hin leben sie ihre Utopie von Liebe und Frieden.

Sie versammeln sich um ihren Guru Charles Manson, einen eigenwilligen und charismatischen Folk-Musiker. Doch das Hippie-Image ist Fassade: Charles Manson ist ein eiskalter, psychopathischer Zyniker, dessen Ziel darin besteht, absolute Kontrolle über seine "Familie“ zu erlangen, um sie für seine Rachefantasien zu missbrauchen.

Charles Manson: Anführer der "Manson Family"

Charles Manson ist am 19. November 2017 in Gefangenschaft gestorben. Er ist 83 Jahre alt geworden, insgesamt 64 Jahre davon hat er in den USA hinter Gittern verbracht – das erste Mal wird er mit 16 Jahren eingebuchtet. Er galt in den USA bis zu seinem Tod als "most dangerous man alive“ (der gefährlichste lebende Mensch). "Ich habe niemals einen Menschen umgebracht“, pflegte Manson aber in Interviews zu sagen, und die Ermittlungen geben ihm recht.

Charles Manson ist ein sogenannter Proxy-Mörder – er lässt morden. So wie jemand, der einen Auftragsmörder engagiert. Oder wie viele hochrangige Nazis im "Dritten Reich“, die ihre Opfer nicht selbst getötet haben, sondern Erschießungskommandos zusammengestellt haben. Nicht Charles Manson, sondern die Mitglieder der Family haben die Morde ab Sharon Tate & Co. ausgeführt.

Doch sie haben nach seinen Anweisungen gehandelt, und Manson wird dafür so verurteilt, als hätte er die Morde selbst begangen: zum Tode. Das Urteil wird nach der Abschaffung der Todesstrafe in Kalifornien 1972 in lebenslange Haft umgewandelt.

Als die Todestrafe 1976 wieder eingeführt wird, kann Charles Manson nicht nochmals dazu verurteilt werden. Aber er wird das Gefängnis nie wieder verlassen.

1967 stürzt sich Charles Manson in San Francisco in den "Summer of Love“. Zuvor hörte er im Gefängnis zum ersten Mal Musik von den Beatles. Von da an hat er nur noch ein Ziel: ein berühmter Musiker werden. Er lernt Gitarre zu spielen, übt im Gefängnis jeden Tag.

Nach seiner Entlassung findet er in Dennis Wilson, einem Mitglied der Beach Boys einen musikalischen Gegenpart, zusammen schreiben sie Songs, nehmen Drogen, diskutieren über Gott und die Welt.

Manson fühlt sich am Ziel, als die Beach Boys seinen Song "Cease to Exist“ als B-Seite einer Single veröffentlichen. Doch der Song heißt dort "Never learn not to love“, der Text wird abgewandelt und Charles Manson als Autor nicht einmal erwähnt. Die bittere Enttäuschung darüber lässt die Fassade, die der Psychopath Manson aufrechterhalten hat, wie ein Kartenhaus einstürzen.

Hollywood, Filme, die Hippies, die Musikindustrie: Manson fühlte sich von allen verraten und sann auf Rache. Während seiner Zeit mit den Beach Boys hatte der charismatische Manson bereits Anhänger um sich geschart – naive Mädchen aus autoritären Familien, die sich aus den strengen Fesseln ihrer Eltern zu lösen versuchen. Charles Manson hatte ihnen Freiheit versprochen – doch Schritt für Schritt löschte er ihre Selbstständigkeit aus.

Die Werkzeuge dafür hat er im Knast kennengelernt: Zuhälterei und Drogen. Er verführte die jungen Frauen und macht sie mit LSD hörig. Dann befahl er den Mädchen, mit zahlungskräftigen Männern zu schlafen, die dann selbst für kurze Zeit Mitglieder der Family werden konnten. Nun aber sollte seine Familie den nächsten Schritt gehen. "Jetzt ist die Zeit für Helter Skelter gekommen“, sagt Manson. Es ist ein Todesbefehl.

Mord an Sharon Tate: Massaker am 10050 Cielo Drive

Am 9. August 1969 dringen fünf Mitglieder der Manson Family in das Anwesen am 10050 Cielo Drive nördlich von Beverly Hills in Los Angeles ein – es war das Zuhause eines Musikproduzenten, der Mansons Lieder abgelehnt hatte. Mittlerweile gehörte die Residenz aber dem polnischen Film-Regisseur Roman Polanski, der für Dreharbeiten in Europa war. In der Einfahrt töten die Eindringlinge den dort zufällig im Auto vorbeikommenden 18 Jahre alten Studenten Steven Parent mit vier Schüssen.

Im Haus stechen sie dann vier Menschen ab, darunter Polanskis Ehefrau, die Schauspielerin Sharon Tate und ihr ungeborenes Kind – sie ist im achten Monat schwanger. Mit ihrem Blut schreiben die Mörder "Pig“ („Schwein“) an die Haustür.

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Von der Ermordung seiner Frau geschockt, erlaubt Roman Polanski Fotoreportern, Aufnahmen vom blutigen Tatort am Cielo Drive zu machen. Die Bilder gehen um die Welt – und brennen sich den Amerikanern ein. Ein dunkler Schatten fällt plötzlich über die sonst so friedlichen Vororte von Los Angeles.

Schon in der folgenden Nacht fordert Helter Skelter weitere Opfer. Rund 20 Kilometer vom ersten Tatort entfernt, fällt die Family über das wohlhabende Ehepaar LaBianca her. Mit dem Blut der Opfer schreiben sie "Death to Pigs“ ("Tod den Schweinen“) und "Helter Skelter“ an die Wände. Einem Opfer ritzen sie das Wort "War“ („Krieg“) ein.

Trotz der Ähnlichkeit beider Tatorte glaubt die Polizei zunächst nicht an einen Zusammenhang – vielmehr an einen Nachahmer der Tate-Morde. Nur der Zufall bringt die Ermittler auf die richtige Spur: Denn eine Woche nach den Morden werden Manson und seine „Familienmitglieder“ wegen Autodiebstahls verhaftet. Im Gefängnis prahlen sie aber mit ihren Taten – und werden im Dezember desselben Jahres wegen Mordes angeklagt.

Später werden den Mitglieder der Manson Family noch zwei weitere Morde zugeordnet: am Musiklehrer Gary Hinman und am Stuntman Donald Shea.

The Summer of Helter Skelter: Was passierte nach der Verhaftung der "Manson-Family"?

Nach seiner Verhaftung erklärt Manson, dass die bestialischen Morde die reiche Bevölkerung (Manson nannte sie "Pigs“) gegen Schwarze aufbringen und einen Rassenkrieg, den Helter Skelter, entfesseln sollten. Dafür ließ Manson das Wort "Pigs“ sowie das Symbol der Black Panther Party, einer afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, bei einem Opfer zurück.

Den Begriff "Helter Skelter“ übernahm Manson aus dem gleichnamigen Beatles-Song, von dem er glaubte, es seien geheime Botschaften darin versteckt. Darin gehe es um die vier Reiter der Apokalypse, war er überzeugt.

Den Rassenkrieg konnte Manson am Ende nicht provozieren. Doch die brutalen Morde an Sharon Tate und anderen hatten trotzdem eine weltweite Wirkung – sie führten zum Ende der Hippie-Bewegung. Dem bürgerlichen Amerika waren diese langhaarigen, kiffenden Jugendlichen schon immer suspekt gewesen. Als dann klar wird, dass eine Hippie-Gemeinschaft für die unfassbaren Taten verantwortlich ist, steht für die meisten Amerikaner fest: Hinter dem Gerede von Liebe und Frieden schlummern Anarchie und die Lust am Töten.

Von diesem Stigma werden sich die Hippies nie wieder erholen. Die Bewegung stirbt – sie wurde von Charles Manson getötet.

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