Karl der Große: Die gefälschte Legende
Warum Karl der Große zum ersten Kreuzfahrer wurde.
Karl der Große
Es ist eine Fälschung, die Jahrhunderte Bestand hat – und die unser Bild vom Mittelalter bis heute prägt: Karl der Große als heldenhafter Krieger, der den 1. Kreuzzug anführt. Und tatsächlich sind die Leistungen Karls nicht von der Hand zu weisen. Er gilt als Vater des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, als bedeutender Herrscher, der mit 39 Feldzügen aus dem heidnischen Europa eine christliche Großmacht formt.
Er bekehrt die Sachsen und sichert die Grenzen im Osten vor den heidnischen Slawen. Und als es darum geht, die europäische Ritterschaft für die Eroberung des Heiligen Landes zu begeistern, ist er der erste Herrscher, der im Namen des christlichen Glaubens zum Krieg gegen den Islam aufruft.
Alles nur eine Legende
So ist zumindest die Legende. Doch Tatsache ist: Karls einzige Auseinandersetzung mit islamischen Truppen verläuft wenig ruhmreich. Er bricht zwar tatsächlich auf, um die von den Muslimen beherrschte Iberische Halbinsel zu befreien. Seine Truppen werden aber schon in den Pyrenäen aufgerieben, einer der wenigen territorialen Gewinne ist das winzige Andorra, ein dort noch heute existierender Zwergstaat. Dennoch will ihn Kaiser Barbarossa 300 Jahre später als Urvater der Kreuzfahrer heiligsprechen lassen.
Geschichtsfälschung
Der Grund für diese Geschichtsfälschung: Da sich Barbarossa in der Nachfolge des großen Kaisers sieht, würde etwas von der Lichtgestalt Karl auch auf ihn abstrahlen – und ihn so gegenüber dem Papst und dem Gegenpapst stärken. Doch was ist Barbarossas Begründung für die Heiligsprechung? Karl der Große sei der erste christliche Herrscher gewesen, der das Heilige Land betreten und die Christen dort unter seine Schutzherrschaft gestellt habe.
Doch nichts davon ist wahr. Jerusalem hat Karl nie gesehen. Und die Schirmherrschaft über die heiligen Stätten hat der deutsche Kaiser von Harun al-Rashid, dem Kalifen von Bagdad, nur als diplomatische Gefälligkeit erhalten. Vor diesem Hintergrund klingt es umso ironischer, dass Karl der Große als mutiger Kämpfer gegen den Islam in unseren Geschichtsbüchern steht.