Fehler der Weltgeschichte

Jacques Necker und die Rechnung, die einen König den Kopf kosten sollte

Falsche Entscheidungen, unüberlegte Aktionen, krasse Fehleinschätzungen: Wenn epische Fehler gemacht werden, erschüttert das den Lauf der Geschichte – und verändert die Menschheit für immer …

Guillotine
Guillotine (Symbolbild) Foto: iStock / Zeferli
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Wenn Könige versuchen, eigenmächtig einen Fehler durch einen weiteren Fehler auszumerzen, kann man in der Tat von einem Epic Fail der Geschichte sprechen. Vor allem, wenn daraus die größte Revolution aller Zeiten entsteht – und jener König dafür mit seinem Kopf bezahlen muss.

Die Ausgaben des König Ludwig XIV

Die Fehlerkette beginnt im Jahr 1781 mit dem Schweizer Jacques Necker, dem Finanzminister des Königs von Frankreich, Ludwig XIV. Seit fünf Jahren versucht Necker den Staatshaushalt zu sanieren – erfolglos. Und so veröffentlicht er am 19. Februar 1781 den sogenannten Compte rendu, einen Überblick über die Finanzen des Königreichs.

Er will damit den Nährboden für eine Reform bereiten, frei nach dem Motto: Wenn ihr wisst, wie schlecht es uns wirklich geht, dann seid ihr eher bereit, etwas dagegen zu unternehmen. Welch eine Fehleinschätzung. Die Finanzen zeigen erstmals öffentlich die Verschwendungssucht des Hofes, der Compte rendu gleicht einer exorbitanten Rechnung, die nie beglichen werden kann – für die aber die Bauern Frankreichs die Steuerlast tragen.

König Ludwig XIV entlässt Jacques Necker

Die Veröffentlichung wird zum Funken, der das Feuer der Revolution entfachen sollte. Genährt wird es von überteuerten Nahrungsmitteln und knappen Brotvorräten. Doch statt dieses Glimmen sofort zu löschen, gießt Ludwig XIV. noch Öl hinein: Am 11. Juli 1789 entlässt er Necker – das ist der zweite fatale Fehler. Denn der König verkennt in diesem Augenblick die Symbolkraft dieser Entlassung für seine Untertanen.

Das Volk klammert sich an diesem Mann – einzig und allein Jacques Necker trauen die Franzosen zu, Ordnung in das Chaos zu bringen. Der Schweizer ist die letzte verbliebene Brücke zwischen König und Volk – und Ludwig XIV. brennt sie nieder.

"Die Entlassung Neckers ist die Sturmglocke zu einer Bartholomäusnacht der Patrioten“, sagt der zeitgenössische Rechtsanwalt Camille Desmoulins. Er befürchtet, dass der König nun alle freiheitlichen Bestrebungen gewaltsam beenden will: "Nur ein Ausweg bleibt uns: zu den Waffen zu greifen!" 

Die Französische Revolution

Das Feuer, das etwas mehr als acht Jahre zuvor entzündet wurde, lodert nun zur Französische Revolution auf. Und diese beginnt am 14. Juli mit dem Sturm auf die Bastille.

Das Volk greift nach der Macht. Am 26. August 1789 verkündet die neue Regierung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Ludwig XVI. wird am 21. Januar 1793 von den Revolutionären geköpft. Für den König ist es das tragische Ende der Fehlerkette, doch die Geschichte urteilt anders.

Zwar folgen noch einige Jahre des Terrors und schließlich Napoleon Bonaparte. Doch das größte Erbe der Revolution sind drei Worte: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Drei Worte, die wegen einer Rechnung in die Welt gesetzt wurden.