Hyperschall-Raketen: Die Zukunft der Kriegsführung
Lautlos, präzise, unaufhaltsam – Hyperschall-Raketen bringen ihre tödliche Ladung mit nie dagewesener Geschwindigkeit ins Ziel und hebeln damit alle Abwehrmechanismen aus. Seit Jahrzehnten forschen die Militär-Supermächte an dieser Technologie, nun stehen sie kurz vor dem Durchbruch – und vor dem Beginn eines neuen gefährlichen Wettrüstens …
Die Superwaffen Hyperschall-Raketen
Mit ruhiger Fahrt treibt die "USS Gerald R. Ford" auf dem Atlantik – dieser Flugzeugträger ist eines der mächtigsten Waffensysteme unseres Planeten und die eiserne Faust des US-Militärs. Knapp 12 Milliarden Euro hat der Bau des Kolosses gekostet. An Bord: mehr als 2500 Mann Besatzung und rund 80 hochmoderne Kampfjets, die den Verlauf ganzer Kriege bestimmen können.
Sechs Flugabwehr-Systeme schützen das Schiff vor Angriffen aus der Luft und machen es dadurch zu einer uneinnehmbaren Festung – scheinbar. Denn ohne Vorwarnung zerreißt plötzlich ein heller Lichtblitz das Deck des Flugzeugträgers. Dumpfe Explosionen dringen aus dem Inneren, während aus einem klaffenden Loch in der Landebahn schwarzer Rauch aufsteigt – mit einem einzigen Schlag wurde eine der mächtigsten Waffen des Planeten unschädlich gemacht.
Der Angriff ist der Beginn eines sogenannten "Decapitation Strikes", eines vernichtenden militärischen Erstschlages, der den Gegner kampfunfähig zurücklässt. Die dazu verwendete Superwaffe schießt mit 20-facher Schallgeschwindigkeit vom Himmel herab und vernichtet innerhalb von Sekunden Radaranlagen und Raketenstartbahnen überall in den USA, ohne dass irgendjemand sie auch nur kommen sieht. Bunkerwände und Stahlpanzer werden wie Papier durchschlagen.
Schließlich trifft eine dieser Waffen das Weiße Haus – eine der größten Nationen unseres Planeten liegt binnen weniger Augenblicke wehrlos am Boden. Noch bevor die Nachricht über einen Angriff verbreitet werden kann, ist der Kampf bereits entschieden …
2020 einsatzbereit
Solch ein Schreckensszenario scheint eher einem Hollywood-Film zu ähneln als der Realität – dabei ist diese verheerende Superwaffe alles andere als Science Fiction. "Dies ist ein Moment, dem wir seit Jahren entgegengefiebert haben", erklärt Daniel Marren vom Navy Testing Center in White Oak, Maryland. "Je schneller diese Waffe einsatzbereit ist, desto besser."
Seit mehr als 30 Jahren forscht der Luftfahrtingenieur an der nächsten Generation von Marschflugkörpern, und seit knapp einem Jahr arbeitet Marren dabei auf ein konkretes Ziel hin: Bis Oktober 2022 soll er dem Pentagon eine einsatzbereite Hyperschall-Waffe liefern. Um dieses Ziel zu erreichen, ließ Präsident Trump den Forschungsetat der Einrichtung um mehr als zwei Milliarden Euro aufstocken. Der Grund: Die neue Technologie hat das Potenzial, die internationalen Machtverhältnisse grundlegend zu verändern.
Die gefährliche Logik der Hyperschallwaffen
Seit über 50 Jahren hat ein Arsenal von Atomwaffen eine empfindliche Balance zwischen den Großmächten geschaffen. Diese fußt auf der Drohung, dass jeder Angriff mit einem atomaren Vergeltungsschlag beantwortet werden könnte – ein Gleichgewicht des Schreckens, das durch Hyperschallwaffen aufgehoben wird. Denn die neue Technologie ermöglicht militärische Erstschläge, die den Feind vollkommen wehrlos zurücklassen. Wer zuerst zuschlägt, ist im Vorteil und braucht die Konsequenzen nicht mehr zu fürchten – das ist die gefährliche Logik der Hyperschallwaffen.
Cruise Missiles und Waverider
Von Hyperschall spricht man ab Geschwindigkeiten von mehr als 6100 km/h, also mehr als der fünffachen Schallgeschwindigkeit (Mach 5). Der militärische Nutzen einer Waffe mit so enormer Geschwindigkeit: Derzeit können selbst modernste Flugabwehr-Systeme ein solches Ziel nicht abfangen.
Grundsätzlich lässt sich diese neue Technologie in zwei Kategorien unterteilen: Cruise Missiles und Waverider. Erstere ähneln klassischen Marschflugkörpern wie der Tomahawk Missile. Ein Hochleistungstriebwerk beschleunigt die Rakete jedoch auf Geschwindigkeiten jenseits von Mach 5 (zum Vergleich: Eine Tomahawk erreicht gerade einmal 900 km/h). Interkontinentalraketen fliegen mit ähnlich hohen Geschwindigkeiten, die Cruise Missile hat jedoch einen entscheidenden Vorteil: Sie hat keine ballistische Flugbahn. Sie steuert ihr Ziel direkt an, anstatt sich ihm in einem langen Bogen zu nähern. Dadurch ist die Waffe rund zwanzig Mal schwieriger aufzuspüren – für den Feind eine unberechenbare Bedrohung.
Der Antrieb der Waffen
Waverider müssen mit Hilfe einer Trägerrakete gestartet werden. Diese befördert die Waffe in eine Höhe von bis zu 80 Kilometern und beschleunigt sie auf Mach 3. Erst dann kann der Waverider eigenständig agieren. Der Grund dafür ist der neuartige Antrieb: Konventionelle Triebwerke besitzen Turbinen, um die für die Verbrennung benötigte Luft zu komprimieren. Das Triebwerk eines Waveriders erreicht die Luftkompression hingegen alleine durch Geschwindigkeit: Ab Mach 3 wird die Luft mit enormer Gewalt in die Brennkammer gepresst.
Der Waverider wird dadurch so schnell, dass die Luft vor ihm nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann – ähnlich wie ein Boot im Wasser treibt er Wellen vor sich her, die auch als Schockwelle bezeichnet werden. Die spezielle Form des Marschflugkörpers erlaubt es ihm, auf diesen selbst erzeugten Schockwellen zu "surfen". Über dem Zielgebiet schießt der Waverider schließlich aus einer Höhe von rund 30 Kilometern beinahe senkrecht nach unten, um am Boden eine vernichtende Explosion zu entfesseln.
Experten in Sorge
Aufgrund des enormen Potenzials forschen die Supermächte unter Hochdruck an der Hyperschalltechnologie. Noch gibt es einige technische Hürden, die eine Serienproduktion dieser verheerenden Waffen verhindern – doch die Lösung der Probleme scheint in greifbarer Nähe zu sein. Eine gefährliche Entwicklung, die Sicherheitsexperten nachdenklich stimmt.
So heißt es in einer von den Vereinten Nationen beauftragten Studie: "Die Entwicklung der Hyperschalltechnologie könnte in Zukunft zu einer schnellen Eskalation von Konflikten führen und diplomatische Lösungen aushebeln." Eine Gefahr, welche die Supermächte in Kauf zu nehmen scheinen. Bislang lehnen es alle Länder ab, den zukünftigen Einsatz dieser explosiven Technologie einzuschränken.
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