MNRS-Testfahrt: Mit dem "Cupra Born" durch Barcelona!
Der Cupra Born ist das erste vollelektrische Modell der spanischen Marke. Wir haben uns den Kompakt-Stromer geschnappt, um damit durch Barcelona zu flitzen.
Es ist ein toller Anblick: Im zweiten Untergeschoss des Hilton Diagonal Mar in Barcelona stehen sie aufgereiht wie an einer Perlenkette. Etliche Cupra Born warten in der Tiefgarage des Hotels auf willige Testfahrer. Nun also, wir sind willig und vor Ort. Wir, das sind mein englischer Kollege Martin und ich. Zusammen wollen wir uns als kleine Kolonne durch die Straßen Barcelonas bewegen und dabei das Fahrgefühl des Cupra Born erkunden.
Erst einen Tag zuvor hatte Cupra-CEO Wayne Griffiths in Terramar, wo für Cupra vor vier Jahren alles begann, drei brandneue Modelle vorgestellt, am Ende standen sechs Autos auf der Bühne, auch der Born, der 2021 in den Verkauf ging. Und jetzt durften wir also hinterm Lenkrad Platz nehmen und dem Elektrowagen unter realen Bedingungen im nicht gerade ruhigen Stadtverkehr von Barcelona auf den Zahn fühlen.
Cupra Born: Innere Werte
Gleich beim Einsteigen in der Tiefgarage macht sich ein erhabenes Gefühl breit. Die dynamische Linienführung außen pflanzt sich im Inneren nahtlos fort, man hat das Gefühl, in einem Kompaktsportler Platz zu nehmen. Die Innenausstattung vermittelt einen wertigen Eindruck, was nicht nur an den verwendeten Materialien liegen dürfte, sondern auch an deren Aufbereitung.
Zentral über dem Armaturenbrett prangt ein zwölf Zoll großes Touch-Display, das Infotainment-System lässt sich aber auch via Sprachbedienung steuern. Darüber hinaus verfügt der Born über ein Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktionen. Navigationshinweise können so von der Windschutzscheibe abgelesen werden. Das ist praktisch und sollte schon bald einem nicht ganz freiwilligen Test unterzogen werden. Dazu gleich mehr.
Der Fahrer nimmt Platz in Sportsitzen, die übrigens aus Plastikmüll produziert werden, den Cupra am Strand vor Barcelona einsammeln lässt. Vorbildlich. Überhaupt hat sich Cupra einiges in Sachen Design und Nachhaltigkeit und vor allem der Verknüpfung dieser beiden Punkte ausgedacht, wie uns Francesca Sangalli, die Leiterin der Abteilung "Color & Trim Concept & Strategy", in einem Interview verraten hat.
Wir fahren übrigens das Top-Modell des Cupra Born, das zusätzlich über zwei kleine Schalter im Lenkrad verfügt. Der eine ist für die Regelung des Fahrprofils zuständig, der andere eine Art Turbo-Knopf, mit dem man zumindest kurzfristig etwa zehn Prozent mehr Leistung abrufen und seinen Kollegen in den anderen Autos zeigen kann, wer vorweg fahren sollte.
Im dichten Stadtverkehr ist das aber natürlich nicht wirklich angebracht und in der Enge der Tiefgarage ist die Rückfahrkamera als viel wichtiger anzusehen. Zuverlässig hilft sie uns optisch wie auch akustisch beim Rangieren.
Testfahrt durch Barcelona
Nun aber wirklich hinein ins Getümmel der Großstadt. Martin, der im ersten Wagen sitzt, ist noch nie Automatik gefahren und hat darüber hinaus ein noch viel größeres Problem. Für ihn als Engländer fahren die verrückten Katalanen natürlich alle auf der falschen Seite und es dürfte diese Kombination aus Umdenken und Neulernen gewesen sein, die ihn seinen von Cupra gestellten Beifahrer herzlichen willkommen hat heißen lassen. Außerdem hat dieser die zu fahrende Strecke im Kopf.
Auch ich muss gestehen, dass ich länger kein Automatikgetriebe mehr bedient habe und ich sehe es schon auf mich zukommen: Beim Anrollen an die nächste rote Ampel tappt mein linker Fuß unwillkürlich ins Leere, während mir mein Gehirn suggeriert, das der Wagen gleich absäuft.
Aber nichts von alledem. Geschmeidig schaltet man über den Wählhebel der Eingang-Automatik von P(ark) auf D(rive), nimmt den Fuß von der Bremse und der Born macht sich im Schritttempo auf die Reise, bis man das Gaspedal drückt und die angemessene Fahrtgeschwindigkeit reguliert. Die liegt zunächst nicht allzu hoch, es herrscht eben Verkehr in einer Stadt von etwa der Größe Hamburgs.
Was in Barcelona aber noch dazu kommt, sind sehr viele Mofa- und Mopedfahrer, die vom Temperament, mit dem sie sich kreuz und quer durch die Autokolonnen winden, ihren unerschrockenen Kollegen in asiatischen Ländern in nichts nachstehen. Mit anderen Worten: Der Verkehr wuselt um uns herum.
Aber man wächst ja stets mit den Aufgaben und das Handling des Cupra Born gestaltet sich so mühelos, dass man sich selbst in eine gewisse Lässigkeit fährt und keinerlei Hektik aufkommt. Das mag zum einen an der linearen Beschleunigung und dem sportlichen Fahrwerk liegen, die dem Fahrer suggerieren, dass es keine Verkehrssituation gibt, die über die Kapazitäten des Autos hinausgehen könnte, zum anderen an einem Spurhalteassistenten, der den Born sprichwörtlich wie auf Schienen laufen lässt.
Der Fahrmodus "D" kann übrigens auch noch weitergeschaltet werden in "B". Dann dient sich der Motor als Generator an und speist den Akku bei jeder Bremsung durch die sogenannte Rekuperation mit durch den Bremsvorgang zurückgewonnener Energie. Das ist eine feine Sache, um die tatsächliche Reichweite der Akkuladung zu erhöhen. Sehr technisch, funktioniert aber prima. Mehr dazu in folgender Übersicht.
Was ist Rekuperation?
Rekuperation bedeutet "Rückgewinnung". In einem Elektroauto wird dabei die Bewegungsenergie bzw. die Lageenergie der bewegten Masse (also des Autos) in elektrische Energie umgeformt. Der Elektromotor agiert dabei wie ein Generator, der die zurückgewonnene Energie in den Akku des Autos einspeist. Dadurch erhöht sich dessen erzielbare Reichweite.
Dass der Cupra Born nur 6,6 Sekunden benötigt, bis er auf 100 km/h beschleunigt hat, können wir leider nicht testen, ohnehin fahren wir auf einmal getrennte Wege. Was ist passiert?
Martins Beifahrer kennt, wie gesagt, die abzufahrende Strecke und scheint diese recht kurzfristig durchzugeben. Jedenfalls biegt der erste der beiden Cupra Born plötzlich scharf rechts ab, was mir als Folgendem nur die Optionen übrig lässt, entweder in das neben mir fahrende Taxi zu rauschen und mit diesem zusammen in einem großen Berg Metallschrott meiner Mini-Kolonne doch noch zu folgen, oder weiter geradeaus zu fahren. Ohne Crash und in einem Stück.
Ich entscheide mich spontan für die zweite Variante, bin froh, das mir anvertraute Vehikel nicht kaputtgefahren zu haben, fühle mich aber plötzlich etwas einsam. Martin ist weg und mit ihm unsere Fahrtroute.
Da hilft es alles nichts, so angenehm die Fahrt bis hierhin war, jetzt muss ich mich allein durch den Großstadtdschungel kämpfen. Und da ich überhaupt keine Orientierung in dieser Stadt besitze, bleibt mir nichts anderes übrig, als etwas unfreiwillig auch das Navi des Cupra Born näher kennenzulernen. Das ist gottseidank selbsterklärend, ich biege in eine ruhige Seitenstraße ab, finde eine Stelle, wo ich kurz halten kann und unterziehe nun den Touchscreen einer genaueren Untersuchung.
Das Symbol fürs Navi: gefunden. Das Einstellen der Hoteladresse: ein Kinderspiel. Der weitere Verlauf: geleitet. Tatsächlich lasse ich mich nun entspannt durch das Gewirr der Straßen führen, finde das Hotel, fahre in die Tiefgarage und gebe den Wagen zurück. Die Testfahrt war so zwar etwas kürzer als geplant, aber nicht weniger aufschlussreich.
Reichweite des Cupra Born
Neben dem Fahrgefühl zählen natürlich auch die knallharten Fakten. In folgender Tabelle findet sich deswegen zusammengefasst, was der Cupra Born aus technischer Sicht zu bieten hat. Ein ganz entscheidender Wert sei aber an dieser Stelle noch hervorgehoben: Während sich viele Verkehrsteilnehmer in ganz Europa immer mehr damit anfreunden können, auf ein E-Auto umzusteigen - wobei sicherlich auch die staatlich angestoßenen Kaufprämien gewichtige Überzeugungsarbeit leisten -, ist es ganz entscheidend, wie weit man mit einem vollaufgeladenen Elektromobil denn überhaupt kommt, sprich, die Reichweite einer Batterieladung wird vom Interessenten sehr genau mit der Tankfüllung eines Verbrenners abgeglichen.
Beim Cupra Born reicht eine volle Ladung mit dem 45-kWh-Akku für 340 Kilometer, der Akku mit 58 kWh schafft 420 Kilometer und der 77-kWh-Akku stellt 540 Kilometer in Aussicht. Das ist eine reife Leistung. Sicherlich muss für solche Werte dann aber auch auf Höchstgeschwindigkeitsfahrten, den Betrieb der Klimaanlage und die übermäßige Nutzung des Touchscreens verzichtet werden. Dennoch reicht es dann immerhin auch beim kleinsten Akku noch für die Strecke Hamburg-Berlin, inklusive sattem Sicherheitspolster. Mit dem großen Akku ist dann sogar fast noch die gesamte Rückfahrt drin.
Nicht schlecht für ein E-Auto, das sich rein optisch als schlanker City-Flitzer präsentiert.
Bildergalerie: Das ist der Cupra Born
E-Motor | Permanenterregte Sychnron-Maschine (hinten) | ||
Systemleistung | 170 kW/231 PS | ||
Systemdrehmoment | 310 Nm | ||
Batterie | Lithium-Ionen | ||
Spannung/Kapazität netto | 270-459 V/58 kWh | ||
Max. Ladeleistung DC/AC | 120 kW/11 kW | ||
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung/Hinterrad | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1749/1843 kg | ||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 6,5 s | ||
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 160 km/h | ||
Bremsweg aus 100 km/h | 33,0/32,9 m | ||
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 18,5/15,7 kWh | ||
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 68/0 g/km | ||
Reichweite (Test/WLTP) | 314/420 km | ||
Grundpreis | 38.600 € |
Fazit
Der Cupra Born ist ein feines Elektroauto, das aufgrund seiner Reichweite auch durchaus für Überlandfahrten genutzt werden kann. Es darf als ein sportliches Elektroauto angesehen werden, das durch schöne Linienführung, parametrisches Design und nachhaltig produziertes Material glänzt. Der Cupra Born fährt sich sehr angenehm und ruhig, kann sich aber, wenn der Fahrer das möchte, auch in ein kleines Raubtier verwandeln.
Die Reichweite lässt auch längere Fahrten zu. Technisch bietet der Cupra alles, was man sich von einem E-Auto dieser Kategorie erhoffen kann und bringt darüber hinaus ein deutliches Plus in Sachen Emotion mit, wenn man ihn mit dem baugleichen VW ID.3 vergleicht.
Da ist Cupra also ein feines Auto gelungen und man darf davon ausgehen, dass die Katalanen diesen eingeschlagenen Weg konsequent weiterbeschreiten werden, denn im Jahr 2025 kommt mit dem UrbanRebel der nächste kompakte vollelektrische City-Flitzer.
Wir sind gespannt.