Bier als Kulturgut: Männersache auf Kneipen-Tour in Tschechien!
In Deutschland hat Bier ja schon einen guten Ruf, aber wie der Gerstensaft von unseren tschechischen Nachbar:innen zelebriert wird, ist einzigartig.
"Die dreitägige Reise folgt der Idee, dass sich ein Land, dessen Leute und Kultur am besten über dessen Kneipen kennenlernen lassen", so die Einladung zum Pressetrip nach Tschechien.
Klingt vernünftig, fanden wir. Also ab nach Prag, der äußerst sehenswerten Hauptstadt unseres Nachbarlandes!
Diese lernen wir zunächst nicht über die Kneipen, sondern einen Taxifahrer kennen. Wir kommen spät am Hauptbahnhof an und brauchen jemanden, der uns zum Hotel bringt.
Wir steigen ins nächste Auto mit einem Taxi-Schild auf dem Dach, geben die Adresse an und fragen nach dem Preis. Der erscheint in Ordnung und los geht die wilde Fahrt durchs dunkle Prag.
Am Hotel angekommen fragen wir nach einer Quittung. Der Taxifahrer greift ins Handschuhfach, holt seinen Block heraus, reißt einen leeren Zettel ab und übergibt ihn uns: "Bitteschön."
Die tschechische Kneipe
Wir verzichten darauf, nachzufragen, ob vielleicht auch etwas auf der Quittung draufstehen sollte - und freuen uns lieber auf die bevorstehende Kneipentour.
Diese beginnt direkt am nächsten Vormittag in der Klosterbrauerei Strahov, wo wir von Johana Potužníková, Manager of Craft Collaborations & Partnerships der tschechischen Nationalbrauerei Budweiser Budvar, in Empfang genommen werden.
Hier herrscht eine urige Atmosphäre, die dazu einlädt, bereits am Mittag das erste Bier zu trinken - die grundsätzliche Affinität für den Gerstensaft vorausgesetzt. Und hier lernen wir direkt, dass man sein Bier in einer tschechischen Kneipe gar nicht bestellen muss - es kommt bei Bedarf nämlich von ganz allein.
Dazu legt man einfach seinen Bierdeckel vor sich auf den Tisch, wodurch dem Barpersonal signalisiert wird, dass man in Trinklaune ist. Möchte man kein Bier mehr haben, legt man den Deckel einfach aufs Glas.
Von Johana lernen wir außerdem, dass es in Tschechien mehr als 500 kleine Brauereien gibt - mal mit, mal ohne angeschlossenes Restaurant: "Jede von ihnen braut ihr eigenes Bier, das häufig an lokale Pubs und Einkaufsläden verkauft wird."
Grundrecht auf gutes Bier & perfekt abgestimmte Speisen
Bier hat eine große Bedeutung in der tschechischen Kultur, nicht umsonst gibt es eine Nationalbrauerei. Budweiser Budvar wurde 1895 in der Stadt Budweis gegründet, bis heute wird ausschließlich hier gebraut.
Neben der Produktion eigener Biermarken verfolgt der Staatsbetrieb laut Johana Potužníková die Mission, den kleinen Brauereien unter die Arme zu greifen - u. a. durch Workshops. Wir bekommen den Eindruck, in Tschechien hat man quasi ein Grundrecht auf gutes Bier.
Es zählt jedoch nicht nur die Qualität des Bieres, sondern auch die des sogenannten Biertenders oder Bierkellners. An ihm hängt der Ruf einer Kneipe, er trägt die Verantwortung für die Atmosphäre. Bis man ein guter Biertender ist, vergehen Jahre.
Wir vergehen uns derweil an den Speisen, die uns aufgetischt werden. Auch dem Essen kommt in der tschechischen Bierkultur eine besondere Rolle zu. Die Aromen sind perfekt aufeinander abgestimmt, hier treffen süß und bitter auf scharf und kräftig.
Typisch sind z. B. Rindertatar, Bierkäse und Karpfen - alles mit sehr viel Zwiebel. Daneben finden sich klassische Gerichte wie Gulasch, Ente und Schweinshaxe auf den Speisekarten. Muss man mögen - und Veganer:innen haben es schwer, überhaupt etwas für sich zu finden.
Einfach immer weitertrinken
Das gilt auch für die nächste Kneipe, die wir besuchen und die von sich selbst behauptet, die älteste und berühmteste Kneipe Prags zu sein: U Fleků.
"An sich stimmt das schon, aber die Gaststätte war nach der Gründung im Jahr 1499 über längere Zeit hinweg geschlossen", erzählt uns Johana. Wie auch immer: Wir probieren das dunkle Lagerbier, zu dem uns in sehr regelmäßigen Abständen Schnaps serviert wird.
Die Einrichtung ist noch uriger als in der Klosterbrauerei, die Stimmung ausgelassen und lebendig. Es kommt sogar plötzlich ein Akkordionspieler vorbei und singt gemeinsam mit den Gäst:innen klassische Kneipenlieder.
Apropos Gäst:innen: Zur tschechischen Bierkultur zählen auch die Stammgäst:innen, die zum Teil ihre eigene Pubsprache und besondere Anstoßrituale haben. Außerdem genießen sie häufig Sonderbehandlungen, beispielsweise durch reservierte Plätze. Bei den Stammgäst:innen gilt: "Die größte tschechische Lüge? Lass uns auf ein Bier gehen!"
Wir sind ebenfalls längst über die eins hinaus, gut gelaunt und bereit, eine moderne Variante von tschechischer Kneipe kennenzulernen: Pult. Hier trifft sich die Jugend zum Warm-up einer Partynacht. Das Design am - gnihi - Pult der Zeit, das Menü eine Mischung aus Klassikern und Experimenten des aufstrebenden Kochs Jirka Horak.
MNRS-Tipp: Wer grundsätzlich Fleisch isst, sollte im Pult den "Devil's Toast" probieren - eine Art Chili con Carne auf Brot. Dazu ein kühles Blondes und du machst eine völlig neue Biererfahrung, versprochen!
Wir haben noch immer nicht genug und ziehen weiter in die Kneipe der Brauerei Dva Kohouti, wo es aufgrund einer Hochzeit gerade ein ganz spezielles Bier zu Ehren des Bräutigams gibt. Nachdem wir auch dieses probiert und für gut befunden haben, fallen wir wie Steine ins Bett.
Česky Krumlov: Weltkulturerbe
Am nächsten Morgen verlassen wir Prag in Richtung Česky Krumlov (Krumau an der Moldau), eine atemberaubende barocke Altstadt und Kulturdenkmal des UNESCO-Welterbes.
Hier nehmen wir ein Mittagessen in der wiederum sehr traditionellen Kneipe der einstigen Mühle Krumlov Mill zu uns - direkt an der Moldau und mit Blick auf das pompöse Schloss Krumau.
Und wieder: leckeres Bier, deftige Speisen, gute Stimmung. Hier wird das Biertrinken stilvoll zelebriert und die Kultur drumherum wertgeschätzt. Man spürt einfach die besondere Beziehung der Tschech:innen zum Gerstensaft.
"Es ist eigentlich komisch, dass tschechisches Bier im Ausland gar nicht so bekannt ist - in England beispielsweise wurde Budweiser Budvar jahrelang in den fragwürdigsten Shops in der untersten Kühlschranketage als Billigbier verkauft, dabei ist es ein absolutes Premium-Lager", weiß Theo Cooper von der britischen Agentur Untold, der u. a. eine Dokumentation über die tschechische Kneipe produziert hat (siehe weiter unten) und uns auf der Reise begleitet, zu berichten.
Die Herstellung genau dieses Bieres wollen wir uns in der Nationalbrauerei nun mal aus der Nähe anschauen. Also ab nach Budweis!
Hinter den Kulissen von Budweiser Budvar
Bei Budweiser Budvar angekommen treffen wir Innovations Manager Jiří Pekhart sowie Braumeister Aleš Dvořák, die uns übers und unters Brauereigelände führen. Wir trinken unpasteurisiertes Lagerbier direkt aus den Tanks, gucken mit großen Augen in die kochenden Braukessel und verfolgen die faszinierende Konstruktion der Fertigungsanlage.
Als großes Finale dürfen wir uns selbst daran probieren, ein perfektes Bier zu zapfen. Dazu wird in Tschechien eine besondere Technik angewandt, bei der am Ende eine große Portion Schaum entsteht, die das Bier überdeckt. Keine ganz einfache Sache, aber machbar.
Den Abend lassen wir in Budvars Brauereikneipe Masne Kramy in einem mittelalterlichen Gebäude ausklingen, wobei wir die Gesellschaft einiger Stammgäst:innen genießen. Und wieder: leckeres Bier, deftige Speisen, gute Stimmung.
Wir können bestätigen: Tschechien lässt sich ganz hervorragend über die Kneipen des Landes kennenlernen!
Dokumentation: "Die tschechische Kneipe"
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