Arthur Arutkin: Stehend in die Welle
Arthur Arutkin ist eine bekannte Größe der SUP-Szene und sowohl Experte auf dem Race-Course als auch in der Welle. In FREEMEN´S WORLD gibt er Tipps und Tricks, was man beachten sollte, wenn der Übergang vom Badesee zur tosenden Brandung ansteht, und verrät, warum Stand-Up-Paddler mehr Wellen abgreifen als Surfer.
FREEMEN'S WORLD: Hi Arthur, du scheinst schon seit deiner Geburt auf SUP- und Windsurfboard zu stehen. Wie kam es dazu?
Arthur Arutkin: (lacht) "Ganz so war es nicht. Aber es ging schon recht früh los. Ich bin in Wissant im Norden Frankreichs aufgewachsen. Einem absoluten Wassersport-Hotspot. Im Alter von acht Jahren ging es daher für mich bereits mit dem Windsurfen los. Ich verbrachte im Sommer jeden Tag etliche Stunden mit meinem Vater und meiner Schwester auf dem Wasser. Man könnte sagen, es handelt sich um eine Familienpassion. Meine Schwester Alice entwickelte früher als ich einen enormen Biss und trainierte immer härter und konsequenter. Relativ schnell wurde sie Windsurf-Profi. Ich eiferte ihr nach und nahm irgendwann auch an Wettkämpfen teil. 2009 entdeckte ich parallel dazu dann das Stand-Up-Paddling. Einmal mehr war es Alice, die mich dazu brachte. Sie hatte es auf einer Reise nach Hawaii ausprobiert und drängte mich, mir ein solches Board und ein Paddel zu besorgen. Schon nach der ersten Session in der Welle war ich komplett hooked. Diese vollkommen neue und nicht mit dem Surfen zu vergleichende Form des Gleitens hat mich vom ersten Moment an begeistert."
FREEMEN'S WORLD: Was sind für dich die konkreten Vorteile und Unterschiede im Vergleich zum traditionellen Surfen?
Arthur Arutkin: "Ganz klar steht die Ausbeute an erster Stelle. Beim Stand-Up-Paddling steht man auf einem viel größeren Brett mit mehr Volumen und erreicht dadurch höhere Geschwindigkeiten. So ist es auch möglich, kleinere und kraftlosere Wellen zu surfen, als es beim klassischen Wellenreiten der Fall ist. Die Übersicht trägt auch ihren Teil zur gesteigerten Ausbeute bei. Durch die stehende Position kannst du natürlich viel weiter gucken. Bedeutet, dass man die Wellen-Sets früher kommen sieht und sich demnach auch früher und besser positionieren kann, um genau an der richtigen Stelle zu sitzen."
FREEMEN'S WORLD: Bezieht sich das auch auf die Manöver in der Welle? Kann ich mehr Turns fahren und länger in der Welle bleiben?
Arthur Arutkin: "Man gewinnt mit dem SUP ganz klar Zeit. Du bekommst durch die genannten Vorteile nicht nur mehr Wellen, du bekommst sie auch viel früher, also weiter draußen, als es die Surfer können. An Tagen mit Close-Out-Wellen, also Wellen, die keine lange Schulter werfen, sondern relativ schnell der ganzen Länge nach umfallen, kann dieser Vorsprung dazu führen, dass man am Ende einen oder zwei Turns mehr fährt als ein Surfer, der zudem auch noch Zeit beim Aufstehen verliert. Der Stand-Up-Paddler steht ja bereits, wenn er in die Welle droppt."
FREEMEN'S WORLD: Mit dem langen und mit flacher Bodenkurve versehenen Touring-Board vom Badesee in die Welle zu wechseln, ist wahrscheinlich keine so gute Idee. Welche Arten von Boards gibt es eigentlich unter dem Oberbegriff SUP?
Arthur Arutkin: "Mehr, als ich zählen kann! Und die verschiedenen Board-Typen haben auch noch mal Unterkategorien. Es gibt beispielsweise Race Boards, Wave Boards, Touring Boards, Cruising Boards, Yoga Boards oder River Boards. Darüber hinaus wird dann noch zwischen inflatable oder hard body unterschieden. Also Boards, die eine harte Rumpfkonstruktion haben, und Boards, die aufgepumpt werden. Für jeden Fahrstil existiert ein Spezialist."
FREEMEN'S WORLD: Inwiefern unterscheidet sich das SUP-Board, das du in der Welle benutzt, beispielsweise von einem klassischen Cruiser oder Touring Board?
Arthur Arutkin: "Hauptsächlich hat es weniger Volumen, ist kürzer, spitzer und besitzt eine stärker nach oben aufgebogene Bodenkurve. Gegenüber einem Cruiser oder Touring Board ist es damit auf Flachwasser langsamer und weniger kippstabil. Daher auch nicht unbedingt geeignet für Anfänger und Aufsteiger. Auf der anderen Seite steht aber eben eine viel bessere Agilität und Manövrierfähigkeit, und genau darum geht es in der Welle."
FREEMEN'S WORLD: In der Welle sieht man SUPs fast nur als Hardboards - eher unpraktisch für den Transport, auch wenn sie nicht ganz so lang sind wie zum Beispiel Touring Boards, bleiben sie sperrig. Wie sieht es mit Inflatables aus, die viel einfacher zu transportieren sind? Sind die für die Welle geeignet?
Arthur Arutkin: "Grundsätzlich bieten die Boards mit starrem Rumpf natürlich ein direkteres Fahrgefühl und lassen einen aggressiveren Fahrstil zu, was auch daran liegt, dass die Rails viel spezifischer gestaltet werden können. Aber ja, man kann aufblasbare Boards in der Welle ebenso benutzen. Bei Fanatic gibt es zum Beispiel das aufblasbare Stubby, mit dem sich auch Turns in der Welle fahren lassen. Airton Cozzolino, mein Teamkollege, rippt zum Beispiel häufig mit dem Stubby Air in der Welle. Ich nehme stattdessen lieber mein Falcon Air, damit habe ich auch Spaß beim Race-Training. So ein inflatable SUP ist gerade dann ein guter Kompromiss, wenn man viel mit seinem Board reist."
FREEMEN'S WORLD: Hast du ein paar Tipps, worauf man achten sollte, wenn man das erste Mal mit seinem SUP-Board in die Welle gehen will?
Arthur Arutkin: "Für jemanden, der es bereits kann, darf ein SUP-Board für die Welle im Grunde kaum klein genug sein, denn entsprechend agiler verhält es sich. Wer jedoch gerade seine ersten Erfahrungen sammelt, sollte sich auf jeden Fall ein ausreichend großes Board dafür besorgen. Hier gilt die Strategie: lieber etwas zu groß als zu klein. Denn je größer, desto mehr Wellen bekommt man angepaddelt, und das ist die wichtigste Grundlage für schnelle Lernerfolge. Viele Wellen zu bekommen und damit eine hohe Übungsfrequenz zu erreichen."
FREEMEN'S WORLD: Wie verhält es sich mit der Position auf dem Board?
Arthur Arutkin: "In der Welle gilt es, eine Stellung auf dem Board einzunehmen wie ein Surfer. Wer parallel stehen bleibt, mit Brust Richtung Boardnase, wird schnell einen Abgang machen. Aufrecht stehen und vor der Welle herpaddeln, nicht direkt versuchen in die Parallelfahrt zu kommen, das sind die wichtigsten Kniffe zum Start. Beim Rauspaddeln tendenziell lieber liegend über die Wellen als kniend, sofern Aufstehen nicht direkt möglich ist. Und natürlich sollten die Bedingungen dem Könnensstand entsprechen. Wer gleich am Anfang versuchen will, gegen zwei Meter hohe Wellen rauszukämpfen, wird vermutlich nur Frustration, aber wenig Spaß erleben."
FREEMEN'S WORLD: Braucht man in der Welle auch ein anderes Paddel als beim Paddeln auf einem See oder Fluss?
Arthur Arutkin: "Man kann dasselbe verwenden, ist aber nicht unbedingt empfehlenswert! Von der Größe her würde ich auf Flachwasser zehn bis 15 Zentimeter über Kopf empfehlen, in der Welle hingegen null bis fünf. Aber auch hier gibt es natürlich nicht nur bezüglich der Größe Unterschiede. Es existieren viele Varianten bei der Konstruktion, der Größe des Blattes sowie hinsichtlich Verstellbarkeit und Flex."
FREEMEN'S WORLD: Bedeutet Carbon als Baustoff pauschal mehr Performance bei den Paddeln oder ist auch eine preisgünstigere Alternative ausreichend?
Arthur Arutkin: "Das ist ähnlich wie beim Fahrradfahren. Man kann mit einem Basis-Bike natürlich Spaß haben. Wer Downhill fährt, wird aber eine entsprechende Federung zu schätzen wissen. Wer auf der Straße richtig Kilometer abreißen will, wird die Vorzüge eines leichten Carbonrahmens lieben. So ungefähr kann man das auf die Paddelkonstruktionen übertragen."
FREEMEN'S WORLD: Welche Spots und Bedingungen sind geeignet, um das SUPen in der Welle zu lernen?
Arthur Arutkin: "Jeder Surfspot mit sanften Wellen, die etwa knie- bis brusthoch sind, eignet sich sehr gut. Ganz wichtig: Am Anfang sollte man aus Sicherheitsgründen Ansammlungen von weiteren Stand-Up-Paddlern oder Surfern meiden. Eine Leash ist Pflicht und von Schwimmern gilt es, einen großzügigen Sicherheitsabstand einzuhalten. Lieber deutlich zu früh absteigen, als jemanden über den Haufen fahren."
Über FREEMEN'S WORLD: FREEMEN'S WORLD richtet sich an moderne Männer, an Macher, an Helden des Alltags. Männer, die Beruf, Familie, Freunde und Hobbys trotz aller Widrigkeiten unter einen Hut bekommen, die ihre Träume verwirklichen, die Faszination und Abenteuer suchen und sich das auch leisten können.
Mehr von FREEMEN'S WORLD gibt es auf Instagram zu entdecken.