Warum wurde über Japan eine zweite Atombombe abgeworfen?
Als der Atompilz über Hiroshima aufblüht, hält die Welt den Atem an. Es ist der Morgen des 6. August 1945 und Amerika hat gerade seine neue Superwaffe gezündet. Doch warum wurde zwei Tage später eine weitere Atombombe gezündet?
80.000 Japaner sterben sofort im Feuerball, ihre Haut verdampft. Krankenhäuser, Tempel, Schulen – die Gebäude der Stadt werden auseinandergerissen. In Tokio glaubt man zunächst an die Explosion eines Munitionsdepots. Selbst nach Stunden ist den japanischen Militärs nicht klar, was genau passiert ist – es gibt keine Kommunikation nach Hiroshima.
Warum wurde über Japan eine zweite Atombombe abgeworfen?
Erst als die USA zwei Tage später, am 8. August, Flugblätter über 47 japanischen Städten abwerfen, wird das Grauen deutlich. Auf den Blättern steht, dass eine Atombombe die Macht von 2.000 herkömmlichen Bomben hätte, dass das Volk nun die Regierung zwingen sollte, den Krieg zwischen USA und Japan zu beenden.
Und tatsächlich: Schon am nächsten Tag kommt um 11 Uhr morgens das japanische Kriegskabinett zusammen, um den USA ein Friedensangebot zu übermitteln. Um 11:02 Uhr explodiert die zweite Atombombe über Nagasaki.
Doch bis heute wagt es kaum jemand in den USA zu fragen: warum eine zweite Bombe? Denn diese Frage würde das Land zu einem Kriegsverbrecher machen – und den Fragesteller zu einem, der die Opfer amerikanischer Soldaten für die freie Welt verleumdet.
Eine Bombe reicht nicht
Die offizielle Version der Geschichte: Die Japaner hätten ohne zwei Bomben nicht kapituliert. Nur so konnte US-Präsident Truman eine Invasion Japans verhindern, die Hunderttausende amerikanische, aber auch japanische Leben auf dem Schalchtfeld gefordert hätte.
Es ist eine moralische Rechfertigung für einen unmoralischen Massentod – weitere Nachfragen unerwünscht. Doch stimmt das überhaupt? Hätte die Machtdemonstration einer Atombombe nicht gereicht? Oder steckt sogar etwas ganz anderes dahinter?
Für Leslie R. Groves, militärischer Leiter des Atomprogramms, war schon 1944 klar, dass nicht eine, sondern nur "zwei Bomben den Krieg beenden werden." Bereits acht Monate vor den Abwürfen sprach dieser von zwei Bomben. Stand also schon lange die Zahl der Abwürfe fest – Kapitulation hin oder her?
"Little Boy" und "Fat Man"
Tatsächlich spricht vieles für ein skrupelloses Experiment, denn die beiden Bomben waren grundverschieden. Die Hiroshima-Bombe, genannt "Little Boy" war eine Uranbombe. Die Nagasaki-Bombe, genannt "Fat Man", war hingegen eine Plutonium-Bombe.
Robert Oppenheimer, wissenschaftlicher Leiter des Manhattan-Projekt und der sogenannte "Vater der Atombombe", sagte wenige Wochen vor den Abwürfen, dass "Little Boy" die sicherere Wahl wäre, "Fat Man" müsse noch getestet werden. Oder wurde genau das gemacht?
Fakt ist: Die Produktion einer Plutoniumbombe ist sehr viel günstiger als der Bau einer Uranbombe. Und die Militärs wollten unbedingt erstere im Einsatz sehen. Laut dem US-Historiker Peter Kuznick muss man sogar froh sein, dass es nur zwei Bomben waren: "Wenn wir neben der Uran- und der Plutoniumbombe auch eine Thoriumbombe gehabt hätten, hätte es wohl einen dritten Abwurf gegeben."