So klingt es, wenn man auf einem brennenden Klavier spielt
Wenn ein Klavier langsam aber sicher den Geist aufgibt, gibt es laut einiger Menschen nur eine Lösung: es verbrennen!
Was auf den ersten Blick wie ein barbarischer Akt anmuten mag, ist tatsächlich eine Jahrzehnte-alte, kulturelle Zeremonie. Ein ausgedientes Piano in Brand zu stecken, avancierte sowohl für Musiker als auch Mitglieder der US-Air-Force zu einem traditionellen Akt.
Wann und wie der hitzige Brauch seinen Anfang nahm, weiß allerdings niemand.
Testosteron vs. Piano
Die meisten Legenden besagen, dass das Ritual von der "British Royal Air Force (RAF)" aus der Taufe gehoben und später von der "U.S. Air Force" übernommen wurde. Eines der Ammenmärchen liest sich wie folgt:
Während des Zweiten Weltkrieges soll die britische Luftwaffe beschlossen haben, dass ihre Piloten zivilisiertere Verhaltensweisen an den Tag legen sollten. Ein Teil dieses Etiketten-Trainings war verpflichtender Klavierunterricht.
Vollkommen überraschend waren die testosterongeladenen Soldaten wenig begeistert von dieser Maßnahme. Nachdem der Musikraum inklusive Klavier auf mysteriöse Weise Feuer gefangen hatte, wurde dieser Akt der Rebellion schnell zu einem Ritus unter Piloten.
Flammen der Ehre
Eine andere Version ist mit einer gesunden Portion Männerromantik ausgestattet. Demnach war ein im Krieg gefallener Pilot der britischen Streitkräfte gleichzeitig der designierte Klavierspieler seines Geschwaders.
Nach seinem Ableben verbrannten seine Kameraden das Piano, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Außer ihm sollte niemand Hand auf die Tasten des Instruments legen.
Wie eingangs erwähnt waren es aber nicht nur Militärs, die dem pyromanischen Prozedere verfallen sind – ein brennendes Klavier zu spielen etablierte sich über die Jahre als eine Art Performance-Kunst.
Abfackeln = Kunst
Pianist Yosuke Yamashita spielte 1973 als erster Mensch auf einem brennenden Tasteninstrument, nachdem ihn ein Grafik-Designer im Rahmen eines Kurzfilm-Projektes darum gebeten hatte. Der Japaner schaute sich den Art-Streifen 35 Jahre später erneut an, was ihn dazu inspirierte, das infernale Kunststück zu wiederholen.
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Dieses Mal versammelte er 500 Schaulustige am Strand von Ishikawa, um das Klavier in einen glühenden Haufen Asche zu klimpern. Es kostete die Flammen satte zehn Minuten, ehe sie das Instrument vollends zum Verstummen brachten. Yamashita haute in die Tasten, bis er sprichwörtlich nicht mehr konnte.
"Ich glaube nicht, dass ich mein Leben riskiert habe. Aber ich wäre beinahe an dem Rauch erstickt, der kontinuierlich in meine Augen und Nase wehte", ließ er sein unkonventionelles Konzert später Revue passieren.
Neben dem japanischen Künstler versuchten sich noch andere Musiker an der feurigen Tradition.
Dieser Mann gab passenderweise Jerry Lee Lewis‘ Klassiker "Great Balls of Fire" zum Besten. Ein flammendes Spektakel für Augen und Ohren. Wovon du dich im Video unten überzeugen kannst.