Movember: Lebensgefahr durch Prostatakrebs - Dr. Christian Wagner klärt auf!
Die Movember-Kampagne rückt das Thema "Prostatakrebs" seit einiger Zeit jeden November in den öffentlichen Fokus. Männersache hat mit dem ausgewiesenen Experten Dr. Christian Wagner über die Erkrankung gesprochen.
Männersache: Wie weit verbreitet ist Prostatakrebs in Deutschland?
Dr. Christian Wagner: Das Prostatakarzinom ist der häufigste Krebs des Mannes (wenn man vom weißen Hautkrebs absieht). In Deutschland werden jährlich ca. 68.000 Männer damit diagnostiziert, damit macht der Prostatakrebs ca. 22 Prozent aller neu entdeckten Tumoren aus. Mit steigendem Alter steigt das Risiko ein Prostatakarzinom zu entwickeln, vor allem bei einer familiären Vorbelastung.
Männersache: Wie ist die Tendenz der Fallzahlen hierzulande?
Dr. Christian Wagner: In den letzten Jahren hat die Zahl kontinuierlich leicht zugenommen, was zum einen durch die alternde Bevölkerung zu erklären ist, zum anderen gibt es inzwischen grundsätzlich verbesserte Möglichkeiten der Früherkennung. Allerdings ist die Quote der Männer, die zur Früherkennung gehen, noch immer recht dürftig.
Viele Männer gehen ungern oder gar nicht zur Vorsorgeuntersuchung, da selten über „unangenehme“ oder „private“ Themen gesprochen wird. Deshalb unterstütze ich Organisationen wie Movember, die dabei helfen zu sensibilisieren, aufzuklären und Bewusstsein für Prävention zu forcieren.
Männersache: Wie tastet man sich richtig ab?
Dr. Christian Wagner: Das ist beim Prostatakarzinom etwas schwierig - weil die Prostata tief im Becken liegt, ist sie nur über den Enddarm abtastbar. Das hat sich so als Selbst-Früherkennung aus verschiedenen Gründen nicht durchgesetzt. Stattdessen wird die Untersuchung beim Hausarzt oder Urologen durchgeführt, der "geübter Finger" kann dabei sicher auch mehr ertasten als man selbst. Zusätzlich zur Tastuntersuchung gibt es einen Prostata-Laborwert, der bei der Früherkennung eine wichtige Rolle spielt - der sogenannte PSA-Wert (PSA= Prostata Spezifisches Antigen).
Männersache: Ab welchem Alter soll man damit überhaupt anfangen?
Dr. Christian Wagner: Wir Urologen empfehlen die regelmäßige Früherkennung ab dem 45. Lebensjahr, bei familiärer Vorbelastung auch eher. Entgegen landläufigen Meinungen ist dabei der Prostatakrebs nicht nur ein "Tumor des alten Mannes", sondern kann auch schon deutlich früher vorhanden sein.
Bei Movember Unterstützer Matthias Thönnessen wurde beispielswiese schon mit 21 Hodenkrebs diagnostiziert. Seitdem setzt er sich aktiv für Prävention und Früherkennung ein. Die meisten Prostatakarzinome tendieren aber dazu, eher langsam zu wachsen, was auch die vergleichsweise gute durchschnittliche Prognose erklärt.
Männersache: Welche Schritte sollten unternommen werden, wenn eine Diagnose gestellt wird?
Dr. Christian Wagner: Zunächst einmal: Ruhe bewahren. Selbst wenn ein Prostatakarzinom vorliegt, ist die durchschnittliche Prognose oft gut - und deutlich besser als bei vielen anderen Krebsarten. Je nach Ausprägung müssten noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um dann zu entscheiden, was man machen sollte. Je nach Ausgangslage stehen hierfür verschiedene Optionen zur Auswahl, unter anderem: die Operative Entfernung des betroffenen Organs (sog. Prostatektomie), die Bestrahlung oder eine Hormonentzugs-Behandlung.
Ebenso wichtig ist der Austausch mit Menschen, die einen unterstützen und mit denen man offen über die negativen Emotionen reden kann, die solch eine Diagnose begleiten. Weitere Infos zum Thema mental health im Kontext einer Hoden- oder Prostatakrebs Diagnose findet man hier.
Männersache: Wie gestalte man nach der Diagnose sein Leben? Zum Beispiel in Sachen Sex?
Dr. Christian Wagner: Eine Prostatakrebs-Diagnose ist zunächst mal sicher kein Booster für Romantik und Sexualität, sondern ein ziemlicher Abturner - muss das aber nicht bleiben. Sexuelle Aktivität an sich ist jedenfalls weder schädlich noch ansteckend (davor haben tatsächlich etliche Männer Angst).
Je nach Krebsstadium und Therapieform gibt es jedoch verschiedene Komplikationen und denkbare Folgen, von Inkontinenz über Erektions-Probleme bis zur Zeugungsunfähigkeit. Der behandelnde Arzt (generisches Maskulinum) kann entsprechend über die spezifischen Vor- und Nachteile beraten - nicht jeder Patient kommt für jede Therapie gleich gut in Frage.
Der Urologe jedenfalls ist für die Behandlung des Prostatakrebs die erste Anlaufadresse. Weitere Infos für Betroffene gibt es auch bei der deutschen Krebshilfe oder von der Deutschen Gesellschaft für Urologie.