Der Schatz von Cocain Island
Als ein unbescholtener US-Familienvater von einem geheimen Drogenversteck auf einer karibischen Insel hört, setzt er alles auf eine Karte. Doch bei der Jagd nach 32 Kilogramm Kokain hat er die Rechnung ohne den Drogenboss gemacht. Welt der Wunder über eine wahre Geschichte, die kaum zu glauben ist …
Der Schatz von Cocain Island
Es gibt in den USA zwei Arten von Märchen: Die aus dem Norden beginnen mit "Es war einmal", die aus dem Süden mit "Du wirst es nicht glauben". Mit Letzterem fängt die Geschichte von einem Landstreicher namens Julian aus einer beschaulichen Kleinstadt in Florida an.
Wo sich unter der Woche jeder um seine eigenen Probleme kümmert, trifft man sich samstags am Lagerfeuer, trinkt Bier und hört sich zu. An einem Abend im Jahr 2004 erzählt Julian von der einsamen Karibikinsel Culebra vor Puerto Rico, auf der er einst lebte. Eines Nachmittags habe er am Strand etwas Schwarzes im Wasser treiben gesehen. Julian zog eine große Tasche aus dem Meer, in der er mehrere wasserdicht verpackte Päckchen fand. Zunächst hoffte er, wie er mit großen Augen erzählt, auf Unmengen von Geldbündeln. Stattdessen bestand sein Fund aus 32 Kilogramm Kokain. Doch da Julian nichts mit dem Fund anzufangen wusste, vergrub er die Tasche und machte das Urlaubsparadies damit zur Schatzinsel …
Am Lagerfeuer wird geraunt, gelacht und gescherzt. Nur ein Zuhörer schweigt: Rodney Hyden, ein schwer verschuldeter Familienvater, der erst vor Kurzem Firma und Haus verlor, malt sich aus, was er mit dem Schatz anstellen könnte. "Ich hatte bei der Bank über eine Million Dollar Schulden und fühlte mich wie ein Versager. Aber ich bin ein Träumer, ein Optimist", sagt Rodney, den Julians Geschichte tagelang nicht loslässt.
Über einen drogenabhängigen Freund lernt der gescheiterte Unternehmer einen Dealer kennen. Der verspricht: "Wenn du mir das Kokain besorgst, mach’ ich es dir zu Geld." Wochen später steht Rodney Hydens Entschluss: Er sucht Julian auf, der am Lagerfeuer von seinem unglaublichen Fund erzählte, und bittet ihn, eine Karte anzufertigen. Sie soll Rodney zu den vergrabenen Päckchen führen, von deren Verkauf er sich ein sorgenfreies Leben verspricht.
Der Jäger des vergrabenen Schatzes
Unter falschen Vorwänden gegenüber seiner Familie reist Rodney nach Puerto Rico. Auf Culebra angekommen, findet er den Ort, an dem die Drogen vergraben sein sollen. Nur wenige Meter trennen den Amerikaner von seinem Ziel. Plötzlich stößt Rodney mit seiner Schaufel auf undurchdringbaren Untergrund. Unter der lockeren Sandschicht ist der Boden durch Korallenstöcke und Muschelsplitt steinhart. "Ich war Bauunternehmer und weiß, wo es sich nicht zu graben lohnt."
So kurz vor dem Ziel ist Rodneys Traum geplatzt. Er kehrt zurück nach Hause und findet sich gerade mit der Niederlage ab, als das Telefon klingelt. Zu hören ist die tiefe Stimme von Carlos, einer großen Nummer in der Drogenszene Floridas. Er habe von Rodney Plänen gehört, würde gern die Schatzkarte haben und sich mit seinen Leuten um die Bergung des Kokains kümmern.
Für Rodney springe natürlich ein hübscher Anteil raus. Es ist der Moment, in dem aus einem unbescholtenen Bürger mit kühnem Plan ein Krimineller wird. "Es klang so einfach. Ich musste ja nichts mehr dafür tun", kommentiert Rodney Hyden im Nachhinein seine Entscheidung. Ein letzter Versuch. In Rodney entflammt neue Hoffnung auf ein besseres Leben für sich, seine Frau, seine Kinder. Und nach wochenlangem Warten erreicht ihn eine E-Mail.
Carlos schickt ihm Bilder von dem ausgegrabenen Schatz. Er habe es geschafft. Jetzt soll die Übergabe des Geldes vom vertickten Kokain erfolgen. Rodney fährt zum vereinbarten Treffpunkt. In einem Jeep, der auf einem Parkplatz steht, soll sein Anteil auf ihn warten. Rodney nähert sich dem Auto, in dem seine Zukunft liegen soll. Zweifel und Ängst plagen ihn. "Do or die", schießt es ihm durch den Kopf.
Das Ende eines Drogentraums
Er öffnet die Heckklappe und greift nach einem Koffer – endlich hält er das Ticket für ein neues Leben in seinen Händen. Er will zurück zu seinem Wagen, als er rote Laserpunkte auf seiner Brust entdeckt. Wenige Sekunden später findet sich Rodney gefesselt am Boden wieder.
Im Augenwinkel sieht er Carlos, der freundlich die Polizisten begrüßt, die Rodney umstellen. Der beginnt zu verstehen: Es gab nie einen Drogenboss. Er selbst war von der Drogenpolizei benutzt worden, um sie zum Kokain zu führen. Seit Rodney Hyden vor der Reise nach Puerto Rico das erste Mal Kontakt zum Dealer gesucht hatte, wurde er beschattet. Wegen Beihilfe zum Drogenhandel landet er schließlich vor Gericht.
"Man hat meinem Mann einen vergifteten Apfel vor die Nase gehalten und er hat nur zugegriffen", sagt Rodneys Frau unter Tränen, während der Prozess um ihren Ehemann läuft. Tatsächlich befindet auch der Richter, dass Rodney Hyden nicht kriminell geworden wäre, wenn die Drogenpolizei ihn nicht um den Finger gewickelt hätte. Von möglichen zehn Jahren Gefängnis muss Hyden am Ende 60 Tage absitzen und mehrere Monate gemeinnützige Arbeit leisten.
"Es war das Dümmste, was ich je getan habe, ich bin nicht stolz darauf. Aber diese Geschichte hat auch was Gutes: Sie hat aus mir einen besseren Menschen gemacht." Rodney Hyden lebt immer noch in Florida. Julian und er erzählen nun gemeinsam ihre Geschichte am Lagerfeuer.
Die Crime-Story wurde unter dem Titel "Die legendäre Kokain-Insel" verfilmt (Netflix).