Wie hoch steigt der Benzinpreis bei einem Öl-Embargo?
Noch in der laufenden Woche könnte seitens der EU ein Öl-Embargo gegen Russland beschlossen werden. Wie würde sich das auf unsere Benzinpreise auswirken?
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Der Zusammenhang scheint klar: Weniger Ausgangsbasis (Rohöl) bedeutet weniger daraus raffinierter Kraftstoff, bedeutet dann auch - nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage - teureres Benzin. Das befindet sich ohnehin auf einem Allzeithoch. Explodieren jetzt die Spritpreise erst richtig? Wie teuer wird Benzin, wenn das Öl-Embargo kommt?
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Experten erwarten zwar, dass der Preis nicht so schnell in "normale" Regionen zurückkehren wird, wie tagesschau.de berichtet, erteilen einem Horrorszenario von bereits hier und da kolportierten drei Euro pro Liter E10-Benzins jedoch eine klare Absage. Dafür muss man sich zunächst anschauen, welche Mechanismen ineinandergreifen, wenn es tatsächlich zu einem Embargo kommt.
Was passiert bei einem Öl-Embargo?
Es ist für die Folgen eines Öl-Embargos wichtig, von welcher Seite es ausgeht. Setzt die EU ihre Pläne um und stoppt den Import russischen Erdöls, passiert dies nicht von heute auf morgen und es wird sich ein Szenario entwickeln, wie im nächsten Abschnitt ("Wird es zum Embargo kommen?") beschrieben.
Kommt Russland Europa jedoch zuvor und stoppt von sich aus jegliche Lieferungen und dies abrupt, kann es kurzfristig zu weiteren, deutlichen Preissteigerungen beim Benzin kommen. Ob sich dadurch das Horrorszenario von drei Euro pro Liter realisiert, ist allerdings auch dann fraglich.
Schwierig könnte es bei einer abrupten Beendigung des Imports russischen Öls vor allem für energieintensive Industrieunternehmen und die Logistikbranche werden, die dadurch möglicherweise in existenzielle Nöte gerät. Davor warnen zumindest Vertreter dieses Zweigs der deutschen Wirtschaft.
Da aber Russland auch auf die Einnahmen durch den Verkauf seiner Rohstoffe angewiesen ist, bleibt ein solches Szenario relativ unwahrscheinlich.
Wird es zum Embargo kommen?
Bundeswirtschaftsminister Habeck hält den Ausstieg aus russischen Öl-Importen für äußerst wahrscheinlich, Brüssel wird möglicherweise recht schnell den tatsächlichen Stopp der Lieferungen verkünden. Das bedeutet aber nicht, dass der sofort umgesetzt wird und bereits am Tag nach der Verkündung kein Öl mehr fließt. Vielmehr hält das Bundeswirtschaftsministerium einen Ausstieg von russischen Rohölimporten bis zum Spätsommer für realistisch. So lange wird also fröhlich weiter importiert.
Danach passiert dann Folgendes: Der Hunger nach dem begehrten Rohstoff versiegt nicht einfach, er wird nur aus anderen Quellen bedient. Wie schnell das tatsächlich gehen kann, zeigen die vergangenen Wochen, in denen der russische Anteil am Gesamtimport von 35 auf zwölf Prozent gesunken ist. Um den Weltmarkt insgesamt zu entlasten, haben beispielsweise die USA begonnen, Teile ihrer strategischen Öl-Reserven anzuzapfen, was die Weltmarktpreise zumindest kurzfristig stabil halten kann. Andere Erdöl-Exporteure wie Venezuela oder der Iran halten sich bislang allerdings mit der Erhöhung ihrer Fördermengen zurück. Und auch die OPEC steigert ihre Quote nur um ein halbes Prozent.
Dennoch bewegen sich die Ölpreise aktuell sogar leicht nach unten. Ein Barrel (das sind 159 Liter) der Nordseesorte Brent kostet momentan 105 US-Dollar. Das sind etwa zwei Prozent weniger als noch zu Zeiten vor der Ankündigung des Embargos. Der Grund: In die Berechnungen der Rohstoff-Händler ist das Embargo gegen Russland bereits eingerechnet. Weil dieser Schritt nicht überraschend kommt, kann er besser in die Mechanismen des Marktes eingebunden und damit der Ausfall eines Lieferanten auch besser kompensiert werden.
Weitere wichtige Faktoren
Interessanterweise ist es auch die Unsicherheit, was mit der Weltwirtschaft in ihrer Gesamtheit passiert, die verhindern könnte, dass die Benzinpreise weiter steigen. Weil große Akteure wie China zurzeit auch noch einen Kampf gegen das nach wie vor grassierende Coronavirus führen und dabei extrem rigide vorgehen, würgt das die Konjunktur vor Ort und auch weltweit ab.
Sogar die Angst vor einer Rezession des Welthandels geht um. In solchen Zeiten einer schwachen oder schwächer werdenden Konjunkturgesamtlage wird naturgemäß insgesamt weniger konsumiert, wodurch die Nachfrage nach Rohstoffen zurückgeht. Deshalb erwarten Experten auch beim Erdölverbrauch einen Rückgang, was letztlich dazu führen kann, dass die Preise zumindest nicht noch weiter steigen.
Abschließend kann deswegen die Frage nach einem Preis im Falle eines Embargos gegen russisches Öl natürlich nicht centgenau beantwortet werden. Denkbar sind zurzeit einige Szenarien, auch eine nochmals deutliche Verteuerung ist natürlich nicht ausgeschlossen, ein Preis von bis zu drei Euro pro Liter Benzin dennoch sehr unwahrscheinlich. Die Welt hat insgesamt Mechanismen, um eine totale Überhitzung des Marktes zu verhindern.
Auf der anderen Seite ist aber auch nicht absehbar, ob die Benzinpreise auf ein Vorkriegsniveau zurückkehren können. Wahrscheinlich werden uns die aktuellen Werte von etwas über zwei Euro pro Liter Benzin noch längere Zeit begleiten.
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