Fehler der Weltgeschichte

Franz von Papen: Der Plan, der Hitler an die Macht brachte

Falsche Entscheidungen, unüberlegte Aktionen, krasse Fehleinschätzungen: Wenn epische Fehler gemacht werden, erschüttert das den Lauf der Geschichte – und verändert die Menschheit für immer …

Franz von Papen (rechts) mit Adolf Hitler, März 1933
Franz von Papen (rechts) mit Adolf Hitler, März 1933 Foto: Getty Images / Keystone

Franz von Papen und sein Plan mit Hitler

Köln am 4. Januar 1933. Der Wagen hält mit laufendem Motor vor dem Haus, während die Männer hastig die sechs Stufen hinauf zum weißen Portal der Stadtvilla am Stadtwaldgürtel 35 eilen. Sie haben die Krägen ihrer Mäntel hochgestellt. Rudolf Heß, Heinrich Himmler und Adolf Hitler sind auf dem Weg zu einem Geheimtreffen mit dem ehemaligen Reichskanzler Franz von Papen – und wollen nicht erkannt werden.

Es ist der Tag, der später als die Geburtsstunde des Dritten Reiches in die Geschichte eingehen wird. Doch entgegen der später verbreiteten Legende ist diese Entwicklung nicht unausweichlich. Ganz im Gegenteil. Hitler steht Anfang 1933 am Abgrund, wäre gestürzt – hätte nicht von Papen versucht, den Anführer der Nationalsozialisten für seine eigenen Pläne einzuspannen.

Ein Fehler, der im Endeffekt 60 Millionen Menschen das Leben kosten wird und Europa in einen Trümmerhaufen verwandelt.

Hitler am Abgrund

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? "Der gewaltige nationalsozialistische Angriff auf den demokratischen Staat ist abgeschlagen", erklärt die Frankfurter Zeitung im Herbst 1932 in dicken Lettern auf ihrer Titelseite. Es soll der Abgesang auf die NSDAP sein – jene Partei, die offen die Abschaffung der Demokratie gefordert hatte und damit zur stärksten Partei im Reichstag aufgestiegen war.

Was zunächst nach einen unaufhaltsamen Siegeszug der Hitlerpartei aussieht, mündet bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 in einem Desaster. Innerhalb weniger Monate verliert Hitler über zwei Millionen Wählerstimmen. Und auch bei den Gemeindewahlen einen Monat später geht der Sinkflug weiter – 40 Prozent der Wähler wenden sich ab. Spenden bleiben aus.

Noch vor Weihnachten ist die Partei pleite, und wichtige Parteigrößen kehren der NSDAP den Rücken. Die Lage ist so kritisch, dass Hitler während einer Krisensitzung unverhohlen damit droht, "in drei Minuten mit meinem Leben Schluss zu machen wenn die Partei jetzt zerfällt".

Es hätte der Wendepunkt sein können. Niemand im In- und Ausland hätte in diesem Moment noch auf eine Machtergreifung Hitlers gewettet. Doch dann kommt alles anders – denn während öffentlich die Niederlage der Nationalsozialisten zum Greifen nah ist, stärkt von Papen im Hintergrund bewusst Hitlers Position – um eine alte Rechnung zu begleichen.

Die Rache von Franz von Papen - und das Ende Europas

Am 17. November 1932 wird Franz von Papen als Reichskanzler abgesetzt – nachdem er gerade einmal fünf Monate im Amt ist. Sein Nachfolger wird ausgerechnet sein Erzfeind General Kurt von Schleicher – eine Demütigung, die von Papen nicht hinnehmen will. Und um selbst wieder an die Macht zu kommen, ist er sogar bereit, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen.

Anfang Januar 1933 nimmt er Kontakt mit dem völlig überraschten Adolf Hitler auf. Von Papen plant ein Bündnis mit den angeschlagenen Nationalsozialisten, und dafür ist er bereit, Hitler "übergangsweise" das Amt des Reichskanzlers zu überlassen – nur bis er es selbst wieder an sich reißen kann. Nach dem Geheimtreffen mit Hitler in Köln nutzt von Papen seinen Einfluss bei Reichspräsident Paul von Hindenburg – und überzeugt ihn, den belächelten Emporkömmling zum Kanzler zu ernennen.

Von Papen ist überzeugt, den Aufsteiger Hitler mit Leichtigkeit unter Kontrolle zu halten – und bald ablösen zu können. "In zwei Monaten haben wir Hitler so weit in die Ecke gedrückt, dass er quietscht", erklärt er großspurig. Niemand kann ahnen, wie sehr sich von Papen irrt. Denn die Wahrheit ist: Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 die Macht übernimmt, installiert er eine Führerdiktatur – und von Papen wird kein halbes Jahr später von Hitler als von seinem Führer sprechen.